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Der selten fotografierte Mullah Omar auf einer Aufnahmer aus dem Jahr 1993.

Foto: REUTERS/Vanity Fair/Magnum

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Auch dieses Bild von 2001 soll den einäugigen Talibanführer zeigen.

Foto: REUTERS/Vanity Fair/Magnum

Washington - Der Anführer der afghanischen Taliban, Mullah Omar, nimmt die Kontrolle über die radikalislamischen Rebellen nach Informationen des "Wall Street Journal" zunehmend selbst in die Hand. Mullah Omar ordne nunmehr selbst Anschläge an und entscheide über die Kommandostruktur der Taliban am Hindukusch, berichtete die US-Zeitung am Sonntag (Ortszeit). Dies sei ein klarer Strategiewechsel. Bei Anschlägen in Afghanistan kamen indes neuerlich mehrere Menschen ums Leben. Bei Luftangriffen auf Taliban-Stellungen in Nordwest-Pakistan starben mindestens 21 Menschen.

Bisher war die Organisation des Taliban-Aufstandes gegen die US-geführten Streitkräfte in Afghanistan den örtlichen Anführern überlassen, wie die Zeitung unter Berufung auf US-Regierungsvertreter und Aufständische weiter berichtete. Omar, der einem als "Schura von Quetta" bekannten Taliban-Führungsgremium vorstehe, habe sich bisher auf das Sammeln von Spendengeldern, religiöse Führung und strategische Ratschläge für die Kämpfer beschränkt.

Anschläge selbst angeordnet

Seit Jahresbeginn aber ordnete Omar demnach selbst eine ganze Serie von Anschlägen im Süden und Osten Afghanistans an. Es sei abzusehen, dass Afghanistan eine äußerst blutige Zeit bevorstehe. Als Beispiele für Mullah Omars Eingreifen führt das "Wall Street Journal" den Anschlag auf den jüngsten Bruder des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai, Ahmed Wali Karzai, Mitte Mai an. Dieser war dem Attentat auf seinen Konvoi nur knapp entkommen.

Die Zeitung erinnerte auch an den tödlichen Anschlag auf den gemäßigten muslimischen Geistlichen Kari Saed Ahmed im April: Ein Taliban-Kommandant mittleren Ranges versicherte dem "WSJ" demnach telefonisch, dass einer von Omars Offizieren den Befehl zu dem Anschlag gab. Unter Berufung auf US-Regierungskreise berichtete die Zeitung, auch eine Serie von Selbstmordanschlägen in der ostafghanischen Provinzhauptstadt Khost Mitte Mai gehe auf das Konto der "Schura von Quetta".

Die neue Strategie sei die Antwort der "Shura von Quetta" auf die geplante Aufstockung der US-Truppen in Afghanistan seit dem Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama, berichtete das "WSJ". Die Zeitung zitierte einen ranghohen Kämpfer des Islamisten-Netzwerks von Gulbuddin Hekmatjar, das Seite an Seite mit den Taliban kämpft. Der Hekmatyar-Anhänger bezog sich demnach auf Pläne der US-Regierung, in den kommenden Monaten zusätzliche 21.000 Soldaten an den Hindukusch zu entsenden. Die "Shura von Quetta" sei nicht willens, die Waffen niederzulegen, sagte der Kämpfer in dem Interview mit der US-Zeitung. Mullah Omar war der geistliche Anführer der Taliban, als diese von 1996 bis 2001 Afghanistan beherrschten. Er ist auf der Flucht und hat sich, anders als sein Verbündeter Osama bin Laden, seither auch nicht in Videoaufnahmen gezeigt.

Zunahme der Gewalt

Die Gewalt in Afghanistan reißt indes nicht ab. Im Osten Afghanistans starben acht Menschen bei einem Doppelanschlag. Nach Angaben der Polizei explodierte einer der Sprengkörper vor der Energiebehörde der Provinz Khost in der gleichnamigen Stadt. Die zweite Bombe sei von einem Selbstmordattentäter gezündet worden. 40 Personen wurden verletzt. Bei einem weiteren Anschlag wurden in der südlichen Provinz Kandahar drei Soldaten getötet. Fünf weitere Soldaten sowie zwei Zivilpersonen wurden verletzt. In der östlichen Provinz Nangarhar starb ein sechsjähriger Bub bei einer Serie von Explosionen in einem Waffenlager, 20 weitere Menschen wurden verletzt. Der Grund für die Detonationen war zunächst nicht bekannt. In der Provinz Khost erschossen Soldaten der Internationalen Schutztruppe ISAF einen Zivilisten, als dieser mit seinem Auto nicht bei einer Straßensperre stehen bleiben wollte. (APA/AFP)