Evidenzbasierte Medizin (EBM) richtet sich in ihren Empfehlungen für Therapien nach Ergebnissen, die sich aus klinischen Studien ergeben. Evidenz ist also im Sinne von Nachweis auf Wirksamkeit zu verstehen. Um in diesem Punkt sicher zu sein, muss ein Teil der Patienten in einer klinischen Studie auch mit Placebo, einem Scheinmedikament ohne den zu testenden Wirkstoff, behandelt werden; auch Ärzte dürfen nicht wissen, welcher Patient ein Placebo und welcher das tatsächliche Medikament erhält.
Grundlage der EBM ist die Aufarbeitung der Studienlage in Reviews. Viele dieser systematischen Überblicksartikel entstehen innerhalb des nach dem schottischen EBM-Vorläufer Archie Cochrane benannten weltweiten Netzwerks. Die Cochrane Collaboration gilt als Speerspitze der EBM.
Die Grenzen der EBM liegen in der Beschränkung der Evidenz. Die meisten klinischen Studien werden von Pharma-firmen im Rahmen der Zulassung neuer Medikamente durchgeführt. Die Wirksamkeit eines Arzneimittels stellt sich auf lange Sicht allerdings erst beim Einsatz eines Wirkstoffes in der jahrelangen Praxis heraus. Klinische Studien sind logistisch aufwändig und teuer: Für Medikamentenvergleichsstudien etwa fehlen oft die Auftraggeber. EBM zielt auf ärztliche Anwendungen, Health Technology Assessment (HTA) wertet die Studienlage mit dem Blick auf Entscheidungen in den Versorgungsstrukturen des Gesundheitssystems aus. Wirtschaftlichkeit ist dabei ein entscheidendes Kriterium. (stlö, DER STANDARD, Printausgabe, 22.06.09)