Sanaa - Die im Jemen entführten ausländischen Geiseln sollen noch am Leben sein und angeblich kurz vor der Freilassung stehen. Das meldete der Nachrichtensender Al-Arabiya am Montag. Der in Dubai beheimatete Sender berichtete, die fünfköpfige Familie aus Deutschland und der zusammen mit ihnen entführte britische Ingenieur seien in der Provinz Saada den schiitischen Houthi-Rebellen übergeben worden. 

Die schiitischen Houthi-Rebellen bestritten allerdings, dass ihnen die deutschen Geiseln übergeben wurden. Ein Sprecher der Bewegung dementierte den Bericht des Fernsehsenders Al-Arabiya. Auch von offizieller Seite gab es für den Bericht keine Bestätigung.

Auch die deutsche Regierung konnte die Berichte zunächst nicht bestätigen. "Ich kann nur sagen, dass es sich um Gerüchte handelt, die dem Krisenstab bekannt sind. Wir können sie aber nicht bestätigen", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin. Er sagte ferner, inzwischen seien die Leichen der beiden im Jemen getöteten deutschen Frauen nach Deutschland gebracht worden.

Kurz zuvor hatten in Saada Berichte über angebliche Lösegeldverhandlungen die Runde gemacht. Die Entführer hatten die Ausländer am 12. Juni überfallen. Zwei deutsche Pflegehelferinnen und eine koreanische Lehrerin wurden bereits am ersten Tag des Geiseldramas erschossen. Zu der Entführung hat sich bisher niemand bekannt.

Warnungen ignoriert

In der vergangenen Woche war im Jemen eine Gruppe von neun Ausländern bei einem Ausflug ins jemenitische Hinterland nahe der Grenze zu Saudi-Arabien entführt worden. Unter ihnen waren sieben Deutsche. Kurz darauf wurden die Leichen von zwei deutschen Krankenschwestern und einer südkoreanischen Lehrerin gefunden, die zu der Gruppe gehörten. Über das Schicksal der übrigen fünf Deutschen herrscht seitdem Ungewissheit. Die Behörden vermuten eine Verbindung der Täter zum Extremistennetz Al-Kaida.

Nach Angaben der Regierung in Sanaa sollen die entführten Deutschen die Warnung vor einem möglichen Überfall ignoriert und sich dadurch leichtfertig in Gefahr gebracht haben. „Die Behörden haben die Drohung eines Angriffs erhalten, und es gab eine Warnung mit der Bitte, sich nicht außerhalb ihres gewohnten Arbeitsumfelds zu bewegen", sagte der Innenminister.
Konkret hätten bereits fünf Tage vor der Entführung Sicherheitsbehörden die Deutschen im Krankenhaus gewarnt, sie sollten sich nicht ohne Begleitung durch Sicherheitskräfte bewegen, schilderte der Minister. (red/APA, DER STANDARD, Printausgabe, 22.6.2009)