Wien - Der Med-Uni Wien (MUW) fehle eine zentrale Organisationseinheit wie ein Comprehensive Cancer Center. Und da kein die gesamte Uni umfassendes, "zumindest koordiniertes, wenn schon nicht gesteuertes System" existiere, entstünden "erhebliche Kosten". Diese Schwächen stellten fünf deutsche Gutachter fest, die das Wissenschaftsministerium über den Wissenschaftsrat mit einer Bestandsaufnahme über die Onkologie an den drei österreichischen Medunis beauftragt hatte.

An der MUW fühlt man sich angesichts dieser kritischen Bestandsaufnahme zur Krebsforschung wie berichtet schlecht behandelt: Der Bericht sei fehlerhaft und mit fragwürdigen Methoden erstellt worden, hieß es aus der Führungsetage.

Horst Kern, der beim Wissenschaftsrat für die Onkologie-Studie verantwortlich ist, weist diese Vorwürfe zurück. "Diese emotionale Reaktion verstellt den Blick darauf, dass die MUW in der Forschung eine führende Rolle spielt", sagte Kern am Freitag dem Standard. In der Bestandsaufnahme wird etwa durchaus lobend hervorgehoben, dass "starke klinische Forschung" betrieben und Wissenschafter der MUW international "sehr aktiv und angesehen" seien.

Zu diesen Schlüssen kam man, nachdem sich jede Uni mithilfe eines zuvor zugesandten Fragebogens acht Stunden lang präsentiert hatte. Die Aufregung in Wien um diese und andere Kritikpunkte kann Kern nicht nachvollziehen. "Ich habe noch nie erlebt, dass man die Gutachter menschlich und wissenschaftlich diskreditiert", sagt er. Zudem sind auch in der dem Bericht angehängten Stellungnahme der MUW ähnliche Schwachpunkte aufgelistet. Da ist etwa von einer "schlechten Struktur in der Vergangenheit, die heute begradigt werden muss", und von einer "schleppenden Umsetzungsmöglichkeit eines Comprehensive Cancer Centers" die Rede. Zudem bestünden "komplexe Finanzierungsströme für klinische Leistungen".

Kern erläutert, dass diese Stellungnahme erst Anfang Mai 2009 eingesandt worden sei, einige Tage bevor der Bericht endgültig redaktionell abgefertigt werden sollte. Zuvor seien lediglich emotionale Reaktionen von der Med-Uni Wien gekommen - "diese haben wir sofort ad acta gelegt", sagt Kern -, bis sie vergangenen Donnerstag in den Medien wieder auftauchten. (spri/DER STANDARD, Printausgabe, 20./21. 6. 2009)