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Den Begriff "Familie" gilt es, neu zu definieren. Für Patchwork-Familien ergen sich mit dem neuen Familienpaket ergeben sich Veränderungen.

Foto: AP/Thomas Kienzle

Wien - Zögerlich verabschiedet sich die Bundesregierung vom traditionellen Familienbegriff. Mit dem im Nationalrat eingebrachten Familienpaket werden erstmals alternative Partnerschaften berücksichtigt.

Für die mehr als 75.000 Patchworkfamilien - Familien mit Kindern unter 18 Jahren aus einer anderen Beziehung - ergeben sich mehrere Änderungen: Verheiratete Stiefeltern sind zu "Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens" verpflichtet - "soweit es die Umstände erfordern" .

Die daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen sind selbst innerhalb des Justizministeriums umstritten: Laut Paul Hefelle, Sprecher von Ressortchefin Claudia Bandion-Ortner, dürfen verheiratete Stiefeltern nun einfache medizinische Behandlungen verantworten, etwa Zeckenimpfungen oder Zahnarztbesuche.

Dem widerspricht Abteilungsleiter Michael Stormann: Er sei "eher skeptisch", denn der Weg zum Arzt sei keine alltägliche Angelegenheit - sofern das Kind gesund ist. Weitergehende Befugnisse - wie in der Schweiz - lehnten die an den Gesetzesverhandlungen beteiligten Familienorganisationen ab, heißt es aus dem Justizministerium.

Klarheit herrscht hingegen beim Thema Schule: Verheiratete Stiefeltern dürfen in Zukunft Entschuldigungen unterschreiben. Die Teilnahme am Elternabend bleibt dem leiblichen Elternteil überlassen - weil er wie der Arztbesuch kein Teil des Alltags sei.

Für die grüne Familiensprecherin Daniela Musiol ist das Familienpaket "aus Sicht des 21. Jahrhunderts fragwürdig" : "Lebensgemeinschaften ohne Ehe bleiben weiter rechtlos." Jurist Stormann gibt zu, dass es bei unverheirateten Patchworkfamilien "kein Erziehungsrecht" gebe, sondern lediglich die Verpflichtung, "alles Zumutbare zu tun, um ein Kind zu schützen" .

Auch BZÖ-Familiensprecherin Ursula Haubner widerspricht Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, die die "Modernisierung und Entrümpelung" des Familienrechts lobt. Haubner vermisst die Pflegefreistellung für Stiefeltern und für Eltern im nicht gemeinsamen Haushalt.

In dieser Frage konnten sich die Koalitionsparteien ebenso wenig einigen wie über das Recht für Lebensgefährten, ihren Partnern beim Auszug aus der Wohnung den Hauptmietvertrag abtreten zu können. Mietrechtsangelegenheiten seien "außerordentlich delikat" , erklärt Jurist Stormann.

Ausgespart blieb zwischen SPÖ und ÖVP auch das Thema Homo-Ehe. Bandion-Ortner verspricht die eingetragene Partnerschaft bis Jahresende. (Alexander Dworzak/DER STANDARD-Printausgabe, 19. Juni 2009)