Der Forderung nach umfangreicher Bildung im Bereich Kapitalmarktwissen sind in den vergangenen Jahren kaum Taten gefolgt. Wissen über die Börse und Finanzprodukte bleibt oft eine Do-it-yourself-Domäne.

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In der Finanzbranche wird oft ein Vergleich strapaziert, der wie folgt lautet: Wenn sich jemand ein Auto kauft, werden verschiedene Marken getestet, Freunde befragt, Probefahrten unternommen und Preise verhandelt. Bei der Wahl eines Finanzproduktes verlässt man sich auf den Rat eines Beraters.

Experten beklagen seit langem, dass das Wissen über den Kapitalmarkt in der Bevölkerung eher bescheiden ist - und das, obwohl beispielsweise über die prämiengeförderte Zukunftsvorsorge viele Privatanleger am Kapitalmarkt agieren. Eine Umfrage von Axa Investment Managers zeigt, dass das Wissen über Fonds in der österreichischen Bevölkerung (in dieser Kategorie sind aktuell immerhin 126,2 Mrd. Euro veranlagt) gering ist. Mit 44 Punkten im "Axa IM Wissensindex" fällt Österreich damit in die Kategorie "Anfänger" .

Obwohl das tatsächliche Fonds-Wissen der Österreicher im Vergleich zu den Umfragen der vergangenen Jahre gesunken ist, hat die subjektive Einschätzung nicht gelitten. 52 Prozent stufen ihr Finanzwissen als "gut" oder "sehr gut" ein. Laut Karin Kleinemas, Leiterin vom Marketing Nordeuropa bei Axa Investment Managers, ist das ein Trugschluss. Denn viele Menschen seien so verunsichert, dass sie sich beim Thema Fonds keine Entscheidung zutrauen.

Wissenslücken

So glaubt rund ein Drittel der Österreicher, dass Fonds nicht täglich verkauft werden können, und 64 Prozent stimmen der Falschaussage zu, wonach beim Konkurs einer Fondsgesellschaft Anleger ihr Geld verlieren. Nur 25 Prozent haben gewusst, dass Fondsvermögen ein Sondervermögen ist und somit nicht in die Konkursmasse fällt.

Was also tun, wenn man sich über Produkte und den Markt informieren will? Die Wiener Börse und die Finanzmarktaufsicht geben auf ihren Homepages zwar Tipps für Anleger oder stellen Börsenlexikas zur Verfügung. Öffentliche Seminare oder Informationsveranstaltungen gibt es aber nicht.

Online-Broker wie etwa Brokerjet versuchen, über Veranstaltungen Informationen zu verbreiten. Und auch der oft gestellten Forderung, dass Kapitalmarktwissen bereits in Schulen vermittelt werden sollte, folgen keine großen Taten. Die Wiener Börse arbeitet zwar mit einzelnen Schulen oder Lehrern zusammen und hat mit dem "Börse-Koffer" Unterlagen für Lehrer zusammengestellt. Der Einsatz hängt aber vom Engagement der jeweiligen Schule ab.

Die Volkshochschulen bieten zum Thema Börse und Kapitalmarkt auch keine umfassenden Seminare. Jedoch zum Thema Umgang mit Geld, Finanzpläne erstellen. Das ist ein Anfang, denn eine Lektion jedenfalls haben viele Anleger durch die Krise gelernt - Veranlagen hat immer auch mit Risiko zu tun, und dieses Risiko haben viele in Form abstürzender Aktienkurse gespürt.

Bildung im Finanzbereich bleibt damit eine Do-it-yourself-Domäne. Dafür wird heutzutage oft das World Wide Web herangezogen, das einen mit Informationen aber förmlich überfluten kann. Nachrichten, Fachbegriffe, Charts und vieles sorgen oft aber für mehr Verwirrung als Lösung. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.6.2009)