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Wien/Berlin - Die schwerste Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte hinterlässt auch dauerhaft tiefe Spuren in Deutschlands Staatsfinanzen. Nach Informationen des "Handelsblatts" (Mittwoch-Ausgabe) aus Regierungskreisen rechnet der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) damit, dass auch im Jahr 2013 die Neuverschuldung des Bundes noch in einer Größenordnung von 40 Mrd. Euro liegen wird. Dies ist fast genau die Höhe der Neuverschuldung, die er zu Beginn der Legislaturperiode 2005 von der rot-grünen Vorgängerregierung übernommen hatte.

Im vorläufigen Etat für 2010 kalkuliert Steinbrück sogar ein Defizit von 90 Mrd. Euro ein. Damit wird die nächste Bundesregierung als eine ihrer ersten Amtshandlungen nach der Wahl im September wegen wegbrechender Steuereinnahmen und zusätzlicher Staatsausgaben einen neuen Schuldenrekord aufstellen müssen.

Den vorläufigen Etat 2010 und den aktualisierten mittelfristigen Finanzplan des Bundes will das Kabinett am kommenden Mittwoch verabschieden. Der Haushalt 2010 wird nach den Bundestagswahlen von der neuen Regierung überarbeitet und dann im Herbst im Bundestag verabschiedet werden.

Die nächste Bundesregierung tritt damit ein schweres Erbe an. Ursprünglich wollte Steinbrück 2011 einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden vorlegen. Das Ziel schien 2008, vor der Finanzkrise, in greifbare Nähe gerückt zu sein. Die milliardenschweren Programme der Regierung zur Stabilisierung der Finanzmärkte und der Konjunktur haben Steinbrück jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Heuer Nettokreditaufnahme von 47,6 Milliarden

Heuer plant der Finanzminister deshalb mit einer Nettokreditaufnahme von 47,6 Mrd. Euro. Tatsächlich dürfte die Schuldenaufnahme des Bundes insgesamt sogar auf 80 Mrd. Euro steigen, weil die beiden Schattenetats - der Bankenrettungsfonds Soffin und das kommunale Investitionsprogramm - ebenfalls Kredite aufnehmen werden. Doch selbst mit den offiziellen 47,6 Mrd. Euro übertrifft Steinbrück den bisherigen Schuldenrekord des früheren CSU-Finanzministers Theo Waigel von gut 40 Mrd. Euro im Jahr 1996.

Nach dem aktualisierten Finanzplan der Regierung wird sich die Neuverschuldung 2010 fast verdoppeln. Ein wichtiger Grund dafür ist der krisenbedingte Anstieg der Bundesausgaben. Unter anderem werden der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung und vor allem die Ausgaben für den Arbeitsmarkt steigen. Zugleich brechen die Einnahmen weg. Die jüngste Steuerschätzung vom Mai zeigt: 2009 wird der Gesamtstaat 527 Mrd. Euro an Steuern einnehmen - und damit erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik 33 Mrd. Euro weniger als im Jahr zuvor. Und 2010 sollen die Steuereinnahmen erneut auf dann 510 Mrd. Euro sinken.

Den Stand von 2008 werden sie voraussichtlich erst 2013 wieder erreichen. Ursache dafür sind neben den rezessionsbedingt sinkenden Gewinn- und Einkommensteuereinnahmen auch Ausfälle durch mehrere kleinere Steuersenkungen, die die Regierung beschlossen hat - von der Unternehmensteuerreform bis zur besseren Absetzbarkeit von Krankenkassenbeiträgen ab 2010.

Steinbrück werde die Kabinettsvorlage mit den genauen Zahlen Ende der Woche an seine Ministerkollegen verschicken, hieß es im Finanzressort. Die Zahlen wollte das deutsche Finanzministerium nicht bestätigen. Ein Sprecher sagte lediglich, dass die mittelfristige Finanzplanung auf einer vorsichtigen Wachstumsprognose beruhe und der Finanzminister kein Sparpaket vorgesehen habe. "Vor dem Hintergrund ist ein Abbau der Neuverschuldung nur langsam zu erreichen", sagte der Sprecher. Über konkrete Sanierungsschritte müsse die neue Regierung entscheiden. (APA)