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Die italienische Finanzpolizei steht vor einem Rätsel: Noch immer ist unklar, wem die US-Bonds im Wert von 96 Mrd. Euro gehören.

Foto: APA/EPA/Giorgio Benvenuti

Die von der italienischen Finanzpolizei in einem Koffer sichergestellten US-Bonds über 96 Mrd. Euro haben zu wildesten Spekulationen geführt. Ein Gerücht besagt, dass der Geheimdienst Nordkoreas dahintersteckt.

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Wien - Im Fall des Anfang Juni aufgeflogenen Milliardenschmuggels von US-Schatzscheinen über die italienische Grenze in die Schweiz treiben die Spekulationen immer kuriosere Blüten. Da ist beispielsweise von Schatzscheinen die Rede, die von der US-Zentralbank Fed zur Bedeckung problematischer Finanztitel ausgegeben wurden - Finanztitel, die im Vorjahr den weltweiten Zusammenbruch der Märkte ausgelöst haben und aus noch unbekannten Gründen in die Hände von zwei Personen mit japanischem Pass gelangt seien.

Ein anderes Gerücht bringt den nordkoreanischen Geheimdienst ins Spiel. Er soll großes Interesse an einer Destabilisierung der westlichen Finanzmärkte haben und hinter dem Schmuggel stecken. Eine weitere Spekulation, die von der in Como erscheinenden Tageszeitung La Provincia zu Papier gebracht wurde, bringt die Bonds in Zusammenhang mit einem ausländischen Staat. Die Schatzscheine seien "irrtümlich" nicht in einem Diplomaten-, sondern in einem herkömmlichen Koffer transportiert worden. Wobei der Koffer so herkömmlich auch nicht war, er hatte einen doppelten Boden.

Wie berichtet, hat die italienische Finanzpolizei die wertvollen Papiere in einem Koffer mit Doppelboden gefunden. Die im Zug Richtung Schweiz reisenden Besitzer - den Angaben zufolge zwei über 50-jährige Männer mit japanischen Reisepässen - sind kurzfristig festgenommen worden. Sie hatten Staatsanleihen im Wert von umgerechnet 96 Mrd. Euro im Koffer. Sie haben gegen das Gesetz verstoßen, wonach es verboten ist, Beträge über 10.000 Euro in Nicht-EU-Länder auszuführen, ohne sie beim Zoll anzugeben.

Entdeckt wurden zehn sogenannte Kennedy-Bonds zu je einer Mrd. Dollar (715 Mio. Euro) und 249 US-Staatsanleihen mit einem Nennwert von je 500 Mio. Dollar. Falls die Bonds echt sind, könnte der italienische Staat bis zu 40 Prozent der Summe, im Höchstfall etwa 38,5 Mrd. Euro, als Strafe einfordern. Zum Vergleich: Der Verteidigungshaushalt Italiens belief sich 2008 auf rund 29 Mrd. Euro.

Ungewöhnlich hoher Betrag

Die italienischen Behörden gehen davon aus, dass zumindest ein Teil der Wertpapiere echt sein könnte. Das sagte Oberst Rodolfo Mecarelli von der italienischen Finanzpolizei in Como. "Was die Echtheit der Kennedy-Bonds betrifft, haben wir noch Zweifel, aber die US-Staatsanleihen scheinen glaubwürdig. Sie sind aus Filigranpapier von ausgezeichneter Qualität" , sagte Mecarelli. Außerdem liege den Papieren eine umfangreiche Bankdokumentation im Original bei. Die Echtheitsprüfung gehe aber weiter.

Der Name "Kennedy-Bonds" gibt indes Rätsel auf. Standard-Recherchen zufolge dürfte es sich dabei um herkömmliche Anleihen handeln, wobei der Name Kennedy lediglich den Hinweis auf die Währung (in dem Fall US-Dollar) gibt. Auslandsanleihen haben oft Namen wie Rembrandt, Samurai, Matador oder Yankee - als Hinweis auf die jeweilige Währung - beigefügt. Die Guardia di Finanza hat laut Spiegel Online die US-Börsenaufsicht um Unterstützung gebeten.

An der Schweizer Grenze ertappen die Zöllner häufig Schmuggler mit Geldbeträgen. Kuriere mit versteckten Banknoten und Goldbarren seien nichts Außergewöhnliches. Bei Papieren von diesem Wert zeige die Erfahrung, dass es sich meist um Fälschungen handle. Die Summe der US-Anleihen sei einmalig hoch. Der italienische Zoll hatte es bisher mit gefälschten Papieren von maximal einer Milliarde Dollar zu tun. (Günther Strobl, Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.6.2009)