Wien - Die Verhandlungen zwischen Umweltminister Niki Berlakovich und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (beide ÖVP) haben kein Ergebnis gebracht. Gescheitert ist die Einigung vor allem an der Festschreibung der Versorgungssicherheit als öffentliches Interesse.

Versorgungssicherheit könne kein entscheidendes Kriterium in der Umweltprüfung sein, sagte Berlakovich am Dienstag nach dem Ministerrat. Denn sonst könne man mit Hinweis auf Versorgungssicherheit "jedes Projekt genehmigen".

Prüfung der Energieeffizienz

Berlakovich will dafür nun in der UVP zusätzlich festschreiben, dass die Energieeffizienz eines Projekts geprüft werden soll. Das wiederum stößt in der Wirtschaft auf Widerstand, fürchtet man darin doch einen Punkt, mit dem man jedes Projekt zu Fall bringen könnte.

Der Umweltminister verwehrt sich auch dagegen, dass die UVP Projekte in Österreich verhindere oder über Gebühr verzögere. In erster Instanz dauerten etwa Wasserkraftverfahren zehn Monate, in zweiter Instanz, vor dem Umweltsenat, 13 Monate, sagte er.

Berlakovich will trotzdem weiter verhandeln und bescheinigt dem Wirtschaftsminister, dass er sich "bewegt" habe. Noch vor dem Sommer soll die UVP-Novelle durch den Ministerrat, hofft Berlakovich. Im Wirtschaftsministerium verweist man ebenfalls auf noch laufende Verhandlungen und will keine weiteren Stellungnahmen abgeben.

Faymann unterstützt Berlakovich

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat sich auf die Seite Berlakovichs gestellt. Die Prüfungsverfahren müssten zwar verkürzt werden, aber auch die Umweltverträglichkeit gegeben sein. Damit könne es nicht getan sein, einfach "öffentliches Interesse" hineinzuschreiben. Hier hätten die Umweltorganisationen zurecht aufgeschrien, sagte Faymann nach dem Ministerrat am Dienstag im Parlament.

Faymann meinte nach dem Ministerrat, hier gehe es um eine Balance zwischen Ökologie und Ökonomie. Er selber kenne die Probleme aus seiner Zeit als Verkehrsminister. Die Verfahren sollten verkürzt werden, deswegen dürfen aber nicht alle Umweltziele über Bord geworfen werden.

Umweltorganisationen und Wirtschaftsvertreter uneinig

Die Reaktionen von Umweltorganisationen, Grünen und Industriellenvereinigung fielen heute erwartungsgemäß unterschiedlich aus: Während die einen eine Verwässerung des Gesetzes fürchten, warnen die anderen vor überlangen Verfahren.

Elektrizitätswirtschaft, Industriellenvereinigung (IV) und Wirtschaftskammer (WKÖ) versuchten, alle Verfahren im Bereich der Wasserkraft als vereinfachte Verfahren zu führen und damit das UVP-Gesetz zu verwässern, schreibt Gerhard Heilingbrunner vom Umweltdachverband (UWD). Die Umwelt- und Naturschutzverbände würden es "entschieden ablehnen", wenn ein öffentliches Interesse für einen bevorzugten Kraftwerks- und Stromleitungsbau "in das UVP-Gesetz hineingeschummelt" werde.

IV und WKÖ "bestellen sich" ein Gesetz, "das BürgerInnenbeteiligung und Umweltschutz weiter einschränkt, indem beliebige Energieprojekte 'im öffentlichen Interesse' ungeprüft durchgewunken werden können" - formuliert Heinz Högelsberger, Energiereferent von GLOBAL 2000, am Dienstag in einer Aussendung. Für Andreas Wurzer, Stv. Geschäftsführer des WWF Österreich, würde durch das Gesetz der Umweltschutz "komplett ausgehebelt". Durch das Gesetz würden Rechte von Bürgern und Anrainern verletzt.

Versachlichung der Debatte gefordert

Die IV ihrerseits forderte am Dienstag in einer Aussendung die "Versachlichung der Debatte". Sie sieht in dem Gesetzesentwurf eine "Optimierung der Verfahren", die "standortpolitisch dringend erforderlich" sei. Denn UVP-Verfahren im Energiebereich dauerten "oftmals mehr als doppelt so lange, wie im Gesetz vorgesehen". Überlange Verfahren würden die Projekte um 15 Prozent im Jahr verteuern. Es seien keine Eingriffe in Bürgerrechte oder Umweltschutz geplant. Es gehe lediglich darum, dass zusätzlich ein öffentliches Interesse als Erwägungsgrund berücksichtigt werden soll, so der IV-Vize-Generalsekretär Peter Koren.

Schon dass die UVP-Novelle heute nicht "mit einer Vorrangregel für die E-Wirtschaft" im Ministerrat beschlossen wurde, sei als "kleiner Etappensieg der umweltbewegten Menschen und der Grünen" zu werten, da sonst "Umwelt- und Bürgerrechte ausgehebelt worden" wären, so die Reaktion der Grünen Umweltsprecherin Christiane Brunner. Die Auseinandersetzung gehe jedoch weiter. Brunner erinnert daran, dass es zwei Mahnschreiben der EU-Kommission aus den Jahren 2006 und 2007 gebe. Wenn es nicht bald eine erweiterte Liste der UVP-pflichtigen Projekte gebe, werde die EU-Kommission bald klagen. (APA)