Der Erfolg - oder zumindest der Fortschritt - im Streit über das iranische Atomprogramm lässt sich in Zahlen messen. Für US-amerikanische und auch europäische Diplomaten kommt, wie jedenfalls offiziell betont wird, nur eine Zahl infrage: Null. Wenn der Iran keine Zentrifuge zur Anreicherung von Uran mehr in Betrieb hat, wenn er also die zentrale Forderung des UN-Sicherheitsrats erfüllt hat, die Urananreicherung auszusetzen - dann kann es zu einer Lösung kommen.

Die Internationale Atomenergiebehörde IAEO in Wien, die vierteljährlich einen Zwischenstand der iranischen Atomaktivitäten an den Sicherheitsrat meldet, hatte in ihrem jüngsten Bericht Anfang Juni allerdings ganz andere Zahlen auf Lager: Mit 4920 Gaszentrifugen reichere Teheran in seiner Anlage in Natanz derzeit Uran an - 1000 mehr als noch Anfang Februar dieses Jahres. 2132 würden derzeit getestet, 169 weitere seien installiert. Stand 31. Mai 2009. Das sind Zahlen, die Irans Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad wohl als Erfolg definieren würde.

Hoch angereichertes Uran braucht man, wenn man eine Atombombe bauen will - und genau das verdächtigten die USA und die europäischen Staaten den Iran heimlich zu tun. In insgesamt vier Resolutionen hat der Weltsicherheitsrat den Iran dazu aufgerufen, die Anreicherung zu suspendieren und mit der Staatengemeinschaft zu kooperieren. Drei Mal hat er Sanktionen verhängt.

Zwar produziert Teheran nur niedrig angereichertes Uran und beteuert, sein Atomprogramm sei friedlich. Bis zuletzt waren es laut IAEO-Bericht 1,34 Tonnen - knapp ein Drittel mehr im Februar. Doch wenn man die Technologie erst einmal beherrscht, argumentieren Diplomaten, ist der wichtigste Schritt getan, um sie für militärische Zwecke zu nutzen. Auch in dieser Hinsicht hat der jüngste Report die westlichen Hauptstädte alarmiert: Angesichts des Ausmaßes der iranischen Produktion ist es laut IAEO zunehmend schwierig, das Programm zu überwachen. Hier seien "Verbesserungen" notwendig, so der Bericht. Auch gibt es noch offene Fragen über das frühere Atomprogramm des Landes.

Nach den Wahlen erwarten die westlichen Länder nun eine rasche Antwort auf das US-Gesprächsangebot an Teheran. "Das Zeitfenster ist nicht ewig offen", hieß es aus Wiener Diplomatenkreisen. Der westliche Vorschlag, für einen Stopp der Anreicherung auch die Sanktionen auszusetzen, liegt offenbar noch auf dem Tisch. Ahmadi-Nejad hatte allerdings schon kurz vor der Wahl erklärt: "Die Atomfrage ist für uns erledigt." (Julia Raabe/DER STANDARD, Printausgabe, 15.6.2009)