Ein Handelsschiff entdeckte am Wochenende ein weiteres Wrackteil der abgestürzten Air-France-Maschine.

Foto: Brazil's Air Force

Sao Paulo/Paris - Die vor zwei Wochen im Atlantik verunglückte Air-France-Maschine ist nach Einschätzung brasilianischer Experten in großer Höhe auseinandergebrochen und plötzlich ins Meer gestürzt, jedoch nicht explodiert. Die Obduktion von 16 Leichen habe ergeben, dass die Passagiere keine Verbrennungen, aber zahlreiche Knochenbrüche erlitten hätten, schrieb die Zeitung "O Estado de Sao Paulo".

Zudem sei kein Wasser in den Lungen gefunden worden, was dafür spreche, dass die Opfer nicht ertranken. Auch dass die Toten zum Teil 85 Kilometer voneinander entfernt gefunden wurden, spreche dafür, dass das Flugzeug mit 228 Menschen an Bord nicht als Ganzes ins Wasser stürzte.

Insgesamt 50 Passagiere gefunden

Nach Angaben eines brasilianischen Vize-Admirals wurden inzwischen im Atlantik mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere sechs Passagiere des Flugzeugs tot geborgen. Damit waren bis zum Samstag insgesamt 50 Insassen der Unglücksmaschine gefunden worden. Ein Handelsschiff entdeckte ein weiteres Wrackteil des Airbus. Die Bergungsarbeiten wurden durch schlechte Wetterbedingungen erschwert.

Die brasilianische Fregatte "Constituicao" hat am Sonntag (Ortszeit) zahlreiche Wrackstücke des abgestürzten Airbus A 330 nach Recife gebracht. Darunter befindet sich auch das mit etwa 14 mal 4,5 Meter größte bisher geborgene Teilstück des Airbus, das vermutlich vom Heck der Unglücksmaschine stammt. Es soll nun von Sachverständigen untersucht werden.

Der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS - Mutter des Flugzeug- Herstellers Airbus - sucht unterdessen weiter nach den Gründen des Unglücks. "Ich hoffe wirklich, wir klären die Ursache des Absturzes", sagte EADS-Chef Louis Gallois am Samstag in Paris. "Momentan ist es aber noch zu früh, sich über mögliche Ursachen zu äußern. Da sind lange Ermittlungen erforderlich. Wir haben bisher noch keine Vorstellung, welche Umstände zusammengekommen sind, um zu einem solchen tragischen Unfall zu führen." Zunächst müsse vor allem der Flugschreiber gefunden werden. Spekulationen über die Ursachen seien mit Rücksicht auf die Familien und Freunde der Opfer fehl am Platz

Opfer werfen Air France mangelndes Mitgefühl vor

Mangelndes Mitgefühl werfen Hinterbliebene der Opfer Air France vor. "Die Fluggesellschaft hat sich nur wenig um uns gekümmert", sagte Christophe Guillot-Noel, der eine Hinterbliebenen-Vereinigung gegründet hat, der französischen Zeitung "Le Parisien". Die Airline habe ihnen lediglich die Nummer eines Psychologen gegeben, der sie nie zurückgerufen habe, sagte der 39-Jährige, der durch das Unglück seinen Bruder verloren hat. Der Airbus A 330 war am Pfingstmontag auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Paris abgestürzt.

Trauerfeier in Düsseldorf

In Düsseldorf nahmen am Samstag hunderte Angehörige, Politiker und Geistliche bei einer ökumenischen Trauerfeier Abschied von den deutschen Opfern des Flugs AF 447. Unter den Gästen der Zeremonie, bei der unter anderem die Namen der 28 deutschen Opfer verlesen wurden, war auch der deutsche Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee. Im Namen der Bundesregierung sprach er seine "tiefe Anteilnahme" aus. "Wir kommen, Schulter an Schulter mit Ihnen zu stehen, und versuchen, Trost zu spenden."

Nach Einschätzung eines Professors für Luftverkehrsrecht können die deutschen Angehörigen nicht mit Entschädigungen in Millionenhöhe rechnen. "Was einige Anwälte in den Medien versprechen, ist unrealistisch", sagte Ronald Schmid, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht. Der britische Anwalt James Healy-Pratt hatte erklärt, er wolle "im Schnitt eine Million Euro pro Opfer rausholen".

Zeitungsbericht: Erste Vorauszahlungen für Entschädigungen an Hinterblieben

Nach Informationen der Zeitung "Le Parisien" sollen die ersten Vorauszahlungen für Entschädigungen bereits an Hinterbliebene gegangen sein. "Aber das bedeutet nicht, dass die Höhe der restlichen Zahlungen festgelegt ist", sagte ein Air-France-Sprecher dem Blatt. Die Zeitung "Le Monde" hatte geschrieben, dass mehrere große Versicherer bis zu 330 Millionen Euro auszahlen könnten.

Die weiterhin fast hoffnungslose Suche nach den Flugschreibern des Airbus fachte unterdessen die Experten-Debatte um modernere Datenschreiber neu an. Einige Experten plädieren seit dem Unglück dafür, künftig für eine ständige Übertragung der Flugschreiber-Daten via Satellit zu sorgen. Beim Internationalen Luft- und Raumfahrt-Salon in Le Bourget bei Paris hieß es, viele Piloten seien dagegen, weil sie nicht wollten, dass alle ihre Gespräche und Geräusche gespeichert werden.

Airbus-Präsidentenmaschine wird umgerüstet

Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat inzwischen die umstrittenen Geschwindigkeitsmesser an seiner neuen Airbus-Präsidentenmaschine austauschen lassen. Wie die französische Tageszeitung "Le Parisien" berichtete, wurden vor wenigen Tagen die drei sogenannten Pitot-Sonden ersetzt. Die Geschwindigkeitsmesser hatten bei dem abgestürzten Air-France-Airbus A330 unterschiedliche Werte angezeigt, was möglicherweise Ursache des fatalen Ablaufs beim Absturz der Maschine war. (APA/dpa)