Anna Popelka, Georg Poduschka, die Eltern der MQ-Enzi. 

foto: thomas rottenberg

Standard: Das Konsumieren von mitgebrachten Getränken ist laut neuer Hausordnung im ganzen MQ verboten. Ist das der Ausverkauf des öffentlichen Raumes?

Popelka: In meinen Augen ist das ein riesiger Fehler. Bisher hat sich das Areal dadurch ausgezeichnet, dass sich Konsumenten und Nichtkonsumenten unproblematisch am selben Ort aufhalten konnten. Die einen saßen auf dem Enzi mit der mitgebrachten Thermoskanne, die anderen haben etwas bestellt. Das ist eine Ausdrucksweise liberalen Denkens und somit eine große Qualität. Sollte das rückgängig gemacht werden, sind wir nicht weit entfernt von Zuständen, wie sie beispielsweise in den USA herrschen. In vielen Städten ist es verboten, sich auf öffentlichen Plätzen auf die Parkbank zu legen.

Standard: Was können Architekten und Stadtplaner tun, damit der öffentliche Raum öffentlich bleibt?

Popelka: Wir sind bekanntermaßen die Machtlosen. Das Einzige, was wir leisten können, ist Aufklärung. Der Ball liegt bei den Politikern und den jeweiligen Betreibern.

Standard: Sind die Enzis von der geplanten Maßnahme in irgendeiner Weise betroffen?

Popelka: Nein, das glaube ich nicht. Die Möbel funktionieren an diesem Ort sehr gut, und das werden sie auch weiterhin tun. Ich habe fast das Gefühl, dass die Akzeptanz der Bevölkerung von Jahr zu Jahr steigt. Ursprünglich war ja vorgesehen, die Sitzmöbel nur fünf Jahre lang aufzustellen, nun gibt es sie bereits seit sieben Jahren.

Standard: Warum der große Erfolg?

Popelka: Das Lustige an diesen Objekten ist der Maßstab. Aus der Entfernung sehen sie aus wie Wohnzimmersofas. Wenn man dann aber davor steht, merkt man, dass vier bis sechs Personen darauf Platz haben. Mich persönlich freut am meisten, dass die Leute immer wieder neue Nutzungen entdecken, wenn sie etwa die Lehne hinunterrutschen, und dass sie dadurch das Möbel im Kopf weiterentwickeln.

Standard: In vielen europäischen Städten wird der öffentliche Raum auch ohne Zutun von der Bevölkerung in Besitz genommen. In Wien muss man erst Styropormöbel bauen. Warum?

Popelka: Das hat sicherlich mit dem Klima, vor allem aber mit der Mentalität der Leute zu tun. Aber man darf nicht außer Acht lassen: Irgendeine Art von Möbel braucht es in jedem Fall. So gesehen ist die Spanische Treppe in Rom - eines der besten Beispiele für die Inbesitznahme des öffentlichen Raums - auch eine Art städtisches Möbel. Ohne die Treppenanlage und ohne die Topografie an diesem Ort würde sich dort nicht viel abspielen.

Standard: Wann wird das Ablaufdatum der Enzi erreicht sein?

Popelka: Wenn sie durch die Benützung so zerstört sind, dass man sie nicht mehr reparieren kann. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 13./14.06.2009)