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FMA-Chef Kurt Pribil: "Je höher der versprochene Ertrag, desto höher das damit verbundene Risiko."

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

FMA-Chef Kurt Pribil spricht sich deutlich für eine Abschaffung des so genannten Finanzdienstleistungsassisten (FDLA) aus und erhebt schwere Vorwürfe gegen dieses - in Österreich einzigartige - Gewerbe. Maßnahmen gegen unlautere Berater sollen ein verschärftes Wertpapieraufsichtsgesetz und eine "Task Force unerlaubter Betrieb" bringen.

 

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derStandard.at: Der Beruf des so genannten "Finanzdienstleistungsassistenten" (FDLA) ist Ihnen schon länger ein Dorn im Auge. Welche Voraussetzungen sollte ein FDLA künftig erfüllen?

Kurt Pribil: FDLA sind ein österreichisches Spezifikum. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes freies Gewerbe: Wer volljährig ist, keine gerichtliche Verurteilung eingetragen und keine Insolvenz verschuldet hat, kann ohne spezifische Ausbildungsvoraussetzungen einen entsprechenden Gewerbeschein lösen und für einen oder mehrere konzessionierte Wertpapierdienstleister tätig werden. Er agiert dabei zivilrechtlich als "Erfüllungsgehilfe" des Wertpapierdienstleisters und steht unter dessen Haftungsdach. Für entsprechende Schulung des und Beratung durch den FDLA haftet das konzessionierte Unternehmen. Da FDLAs aber für mehrere Unternehmen und oft häufig wechselnd arbeiten, sind bei Schulung und Beratung inakzeptable Defizite aufgetreten.

derStandard.at: Welche Voraussetzungen sollte ein FDLA künftig erfüllen?

Pribil: Anlageberater brauchen eine fundierte Ausbildung und müssen eng an ein einziges Unternehmen gebunden sein, damit dieses nicht nur die Verantwortung hat, sondern diese wegen der nachhaltigen Geschäftsbeziehung auch entsprechend wahrnimmt.

Bei Wertpapierdienstleistungen geht es um das Ersparte der Menschen, um deren Vorsorge für das Alter und für Widrigkeiten des Lebens. Da müssen Profis ran, nicht Amateure. Entsprechende Curricula gibt es bereits, etwa das für den gewerblichen Vermögensberater oder andere geschulte Finanzdienstleister. Die Prüfung müsste auf jeden Fall durch eine unabhängige Institution erfolgen. Der FDLA in seiner derzeitigen Form muss jedenfalls abgeschafft werden.

derStandard.at: Gibt es Zahlen, wie viel Geld Kunden im letzten Jahr durch Falsch-Beratung verloren haben?

Pribil: Nein, Statistiken über Schadenssummen gibt es nicht. Aber viele der in den vergangenen Jahren so heftig diskutierten "Skandale" haben ihre Wurzel auch in fehlender bzw. falscher Beratung der Kunden. Die Beschwerden an die FMA wegen fehlender oder falscher Beratung im Zusammenhang mit dem Kauf von Wertpapieren sind in jüngster Zeit explodiert: Allein von 2007 auf 2008 hat sich Zahl der Anlegerbeschwerden an die FMA von 4.000 auf mehr als 8.000 verdoppelt. Wir erheben zwar Beschwerden gegen FDLAs nicht getrennt, aber aus unserer Aufsichtstätigkeit sehen wir klar, dass sie das vorrangige Problem sind.

derStandard.at: Das Gewerbe des FDLA, ein österreichisches Spezifikum?

Pribil: Der FDLA ist ein österreichisches Spezifikum, das nicht den Anforderungen des EU-Rechts entspricht. Ein FDLA darf nur in Österreich arbeiten, nicht im EWR-Ausland anbieten. Es handelt sich daher um ein rein innerösterreichisches Problem.

derStandard.at: Im Finanzministerium liegt derzeit ein Gesetzesentwurf für eine Neuregelung der FDLA auf - welche Punkte sollte dieser unbedingt enthalten?

Pribil: Entsprechende Schulungsmaßnahmen, die mit einer unabhängigen Prüfung nachzuweisen sind. Und, dass ein Anlageberater sich an ein konzessioniertes Unternehmen binden muss und nicht für mehrere gleichzeitig tätig sein darf.

derStandard.at: Was tut die FMA gegen illegale Anbieter von Finanzdienstleistungen?

Pribil: Wir haben unsere 2005 gegründete "Task Force unerlaubter Betrieb" personell massiv aufgestockt, seit 1. Jänner 2009 agiert sie als eigene Abteilung bei uns. Der Gesetzgeber hat die rechtlichen Möglichkeiten im Kampf gegen illegale Anbieter verbessert, vom Recht zu Vor-Ort-Prüfung bis hin zu polizeiähnlichen Befugnissen. Diese Instrumente wenden wir konsequent an und scannen den Markt laufend. Sehr effizient ist unser Instrument der "Investoren-Warnung", mit dem wir sehr rasch reagieren können.

derStandard.at: Was halten Sie von der Einführung einer Art von "Haftpflichtversicherung" für schlecht beratene Kunden?

Pribil: Konzessionierte Wertpapierfirmen haften schon jetzt für fehlende oder falsche Beratung. Und die Anlegerentschädigungseinrichtung, die bisher systembedingte Schwächen hatte, reformiert der Gesetzgeber gerade. Eines sollte man außerdem auch nicht vergessen: Jede Versicherung kostet auch eine Prämie, die zu Lasten des Ertrages geht.

derStandard.at: Ende 2007 ist das Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG 2007) in Kraft getreten. Seither ist die Zahl der Finanzberatungsfirmen, die unter FMA-Aufsicht stehen und eine Konzession brauchen, deutlich zurück gegangen.

Pribil:  Das WAG 2007 hat die Regeln für konzessionierte Unternehmen massiv verschärft. Wir wenden diese Regeln selbstverständlich konsequent an. Wir gehen davon aus, dass der Marktbereinigungsprozess noch nicht abgeschlossen ist.

derStandard.at: An wen sollte sich "der kleine Mann" wenden, wenn es um Finanzanlagen geht? Welche Beratung kann man "sicher" nennen, wen/was sollte man unbedingt meiden?

Pribil: Grundsätzlich sollte man sich an professionelle und konzessionierte Unternehmen wenden, die der Aufsicht der FMA unterliegen. Keinesfalls sollte man auf unerbetene Kontaktierung von Anbietern via Internet oder Telefon reagieren. Dieses sogenannte "Cold-Calling" ist in Österreich gesetzlich verboten und ist ein untrügliches Indiz, dass es sich dabei um einen unseriösen Anbieter handelt. Hundertprozentige Sicherheit kann Ihnen aber niemand garantieren.

derStandard.at: Welche Warnung kann die FMA einem Investor mitgeben, um sich vor "schwindligen" Beratern zu schützen?

Pribil: Die wichtigste Regel lautet nach wie vor: Je höher der versprochene Ertrag, desto höher das damit verbundene Risiko. Risikolose Traumrendite gibt es nicht. Prüfen Sie, ob der Anbieter überhaupt berechtigt ist, die angebotene Finanzdienstleistung zu erbringen. Holen Sie Alternativangebote ein, lassen Sie Angebote von Dritten wie Mitbewerber, Banken oder Konsumentenschutzorganisationen prüfen. (Sigrid Schamall, derStandard.at, 15.6.2006)