Der Gemüsegarten und die Rebstöcke gehören zu Slowenien, das Maisfeld unterdessen zu Kroatien. Marija Cmager zeichnet den Grenzverlauf hinter ihrem Haus in Razkrizje, ganz im Osten von Slowenien, mit dem Finger nach. Ihr Haus steht in Slowenien, verlässt sie ihren Blumengarten jedoch, führt der Weg direkt ins Niemandsland, das von kroatischen und slowenischen Grenzbeamten gleichermaßen beäugt wird. Ein Fortschritt, denn noch vor wenigen Jahren musste Marija zunächst die kroatische, dann die slowenische Grenze passieren, wenn sie in die Dorfkirche nach Razkrizje musste. Inzwischen wurde das kroatische Grenzhäuschen um einige Meter verschoben.

So viel Einigkeit wie hier herrscht nicht überall entlang der slowenisch-kroatischen Grenze. Ljubljana und Zagreb streiten sich seit Jahren um Grenzverläufe entlang der Flüsse Mur und Dragonja. Skurrile Fälle, wo die Staatsgrenze das Bett von Eheleuten teilt, werden allmählich seltener. Um den Verlauf der Seegrenze in der Bucht von Piran kann man sich aber partout nicht einigen. Ljubljana blockiert seit nunmehr einem halben Jahr die EU-Beitrittsverhandlungen Kroatiens. Bisher sind alle Bemühungen um einen Kompromiss gescheitert: Sei es eine gemischte kroatisch-slowenische Kommission, seien es von Brüssel vorgeschlagene Vermittler oder bilaterale Treffen der Regierungschefs - die Fronten bleiben verhärtet.

Doch am Donnerstag sagte EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn, er hoffe auf eine baldige Deblockierung der Beitrittsverhandlungen. Einer Lösung sei man "sehr nahe". "Wir gehen die letzten Zentimeter", sagte er und fügte hinzu: "Es ist höchste Zeit, dass dieser Prozess abgeschlossen wird." Er bestätigte, dass der Grenzstreit am Rande der Tagung der EU-Außenminister am Montag in Luxemburg ein Thema sein werde. Der kroatische Premier Ivo Sanader rechnet noch im Juni mit einer Aufhebung der slowenischen Blockade. Andere sind sich da nicht so sicher. Vor kurzem fand sich der slowenische Premier Borut Pahor auf der Titelseite der kroatischen Zeitung Jutarnji list. In überdimensionalen Lettern stand dort: "Pahor: Vor 2015 werdet ihr nicht in die EU kommen". Politische Beobachter gehen unterdessen von einem EU-Beitritt Kroatiens 2012 aus.

Bis zur Sommerpause im August sollen 18 von 33 Kapiteln der EU-Beitrittsverhandlungen beendet werden. Bisher sind es gerade einmal sieben, die Verhandlungen weiterer Kapitel liegen aufgrund der slowenischen Blockade auf Eis.

"Slowenien will einen Zugang zum offenen Meer, um als maritimer Staat zu gelten. Und Kroatien will in die EU, ohne seine Hoheit und geschweige denn auch nur einen Zentimeter der Bucht von Piran abzugeben", sagte Lev Kreft von der Philosophischen Fakultät Ljubljana. "Hier gibt es keinen kleinsten gemeinsamen Nenner."

Der Grenzstreit hat längst schon das politische Parkett verlassen: Die kroatische Tochter der slowenischen Einzelhandelskette Mercator gab "mehrtägige Umsatzeinbrüche" zu. Und wenn noch vor zwei Jahren jeder zweite Kroate eine positive Meinung von den Slowenen hatte, waren es im April nur noch 30 Prozent. Damit sind die Slowenen auf der Beliebtheitsskala noch hinter den Serben gelandet. Auch die Medien stochern gerne in dem Zwist: "Fahren Sie in diesem Jahr dennoch nach Kroatien in Urlaub?", fragen slowenische Zeitungen ihre Leser. (Veronika Wengert aus Ljubljana/DER STANDARD, Printausgabe, 12.6.2009)