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Mit mehr als 900 Mitarbeitern ist Quelle Österreichs größtes Versandhaus. Eingekauft wird überwiegend über Pools in Deutschland, verteilt wird die Ware über Linz.

Foto: APA/dpa/Daniel Karmann

Nach der Insolvenz des Handelskonzerns Arcandor wird es auch für Tochter Quelle in Linz eng. Das Versandhaus ist finanziell stark an Deutschland gebunden. Die Lieferanten kappen den Warenstrom, Kreditlinien sind gesperrt. 

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Wien - Die Insolvenz des Handelsriesen Arcandor setzt ihre Tochter Quelle in Österreich schwer unter Druck. Das Linzer Versandhaus ist finanziell eng mit der in die Pleite gerutschten deutschen Mutter verflochten. Der Konzern macht zwar in Österreich Gewinne und gilt als liquid. Dennoch ist Feuer am Dach, denn die Lieferanten des Versandhauses stehen auf der Bremse.

Alle drei großen Kreditversicherer, Prisma, Atradius und Coface, haben ihre Kreditlinien für Quelle gesperrt. Allein bei Atradius sind davon fast 3000 Lieferanten betroffen. Sie müssen den strauchelnden Konzern auf eigenes Risiko auf Vorauskasse versorgen, die Folge sind Lieferstopps. Vom Warenstrom abgeschnitten ist auch Quelle Österreich, sagt ihr Chef Wolfgang Binder dem Standard. Sie bezieht ihre Versandware zum überwiegenden Teil aus deutschen Einkaufspools.

Arcandor werde mitsamt seinen Töchtern als Gemeinschaftsrisiko gesehen, sagt Dietmar Pöschl von Atradius. "Der Konzern kann Kapital aus seinen Einzelgesellschaften abziehen." Atradius habe daher die Kreditlinien am Dienstag gesperrt.

Wettlauf mit der Zeit 

Die Lage für Österreich sei ernst, ist aus dem Kreis der anderen Kreditversicherer zu hören. Sollte Arcandor in den kommenden Tagen kein tragfähiges Konzept für den Fortbestand vorlegen und frisches Geld erhalten, drohe die Insolvenz weiterer Töchter, auch von Quelle Österreich. Bei Prisma etwa sei keine Rede davon, die Kreditlinien in Kürze neu zu öffnen. Bis es so weit sei, könnten Wochen vergehen.

Die Warenströme wieder herzustellen, habe oberste Priorität, sagt Binder, derzeit liefen mit den Versicherern in Deutschland dazu intensive Verhandlungen. Er sei zuversichtlich, dass die Versorgung ab Anfang der kommenden Woche sichergestellt werde. Eine mögliche Entscheidung zeichne sich für Dienstag ab, heißt es bei Atradius.

Quelle ist Marktführer im österreichischen Versandhandel. Mehr als 900 Mitarbeiter setzen hier gut 215 Millionen Euro um. Nach verlustreichen Jahren gelang 2007 der Turnaround, im abgelaufenen Geschäftsjahr lag das Ergebnis bei sieben Millionen Euro. Ein Drittel des Geschäfts wird online abgewickelt, die Hälfte läuft über Katalogbestellungen, und rund 15 Prozent steuern die 175 Quelle-Shops bei.

Hohe Abhängigkeit von der Mutter in Deutschland gibt es nicht nur im Einkauf. Das Geld aller Ländergesellschaften fließt über eine zentrale Gesellschaft. Österreich hänge aufgrund dieses Cash-Poolings voll in den Turbulenzen mit drinnen, sind sich Versicherer einig.

Quelle ist die einzige Arcandor-Tochter, mit der der Konzern über eine Niederlassung in Österreich vertreten ist. Das Versandhaus Neckermann wurde 2005 abgestoßen. Die profitable Touristiksparte Thomas Cook, die in Österreich 70 Mitarbeiter zählt, blieb von der Insolvenz verschont. Interesse an ihr hat der deutsche Rewe-Konzern angemeldet. Sollte es zu einer Übernahme kommen, brächte das Rewe im Reisegeschäft auch in Österreich einen kräftig Schub nach vorn.

In Deutschland wird fieberhaft am Überleben der Gruppe gearbeitet. 43.000 Mitarbeiter sind von der Insolvenz von Arcandor, der Kaufhaustochter Karstadt und den Versandsparten Quelle wie Primondo betroffen. Es gebe keine Einschränkungen für Kunden und Lieferanten. Alle Gehälter der Beschäftigten würden bezahlt, das operative Geschäft bleibe voll erhalten, hieß es aus der Zentrale in Essen.

Trotz abgebrochener Gespräche drängt die Metro-Tochter Kaufhof weiter auf die Übernahme von 60 Karstadt-Häusern. Auch der italienische Unternehmer Maurizio Borletti (Kaufhauskette La Rinascente) ist an den Standorten interessiert. Die Deutsche Post, die der Zusammenbruch der Gruppe hart treffen würde, prüft Hilfestellungen. Versender Otto wiederum hat ein Auge auf die Spezialdienste von Primondo geworfen. In der deutschen Koalition wird offen gestritten: Es gibt Zweifel an der Krisenstrategie zur Rettung der Arbeitsplätze. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.6.2009)