Bild nicht mehr verfügbar.

Die Klimaerwärmung macht Europa inzwischen für so manchen tropischen Krankheitsüberträger zu einer neuen Heimat.

Foto: APA/dpa

Wien - Malaria, Sars, West Nile Fieber - Dass Krankheiten, die in fernen Ländern häufig vertreten sind, auch in europäischen Breitengraden vorkommen, ist inzwischen keine Ausnahme mehr. Der Klimawandel, Migration und das häufige Reiseverhalten haben die Situation massiv verändert, erklärte Vakzinologie-Expertin Ursula Wiedermann-Schmidt von der medizinischen Universität Wien am Montagabend beim ersten "Sciene Talk" der medizinischen Universität Wien, der künftig regelmäßig stattfinden soll.

Ziel der Veranstaltung ist es, besondere Forschungsbereich und Schwerpunkte vorzustellen. Den Auftakt machte dabei das "Geographic Medicine"-Projekt von Wiedermann-Schmidt, bei dem anhand von Veränderungen in der globalen Situation nach neuen Impfmodelle und - stoffen geforscht wird. Geplant ist die Gründung eines Zentrums für diesen Fachbereich.

"Man kann nicht mehr sage, dass es klassische Tropenkrankheiten gibt und diese kommen bei uns nicht vor", betonte die Vakzinologin. "Jeder Dritte reist in tropische Länder." Ein Beispiel für die Auswirkungen dieses gesteigerten Reiseverhaltens sei auch die sogenannte Schweinegrippe, sprich die neue Influenza (H1N1), die innerhalb von vier Tagen weltweit überall anzutreffen war. Die Klimaerwärmung würde zudem dafür sorgen, dass Ansteckungsquellen - zum Beispiel Mücken - in bisher ungewohnten Breitengraden überleben. Auch die Migration verändere die Situation, bringe Erreger in ungewohnte Regionen und sorge für neue Ausbrüche. Tuberkulose werde dadurch beispielsweise wieder zu einem stärkeren Problem.

Surveillance-System

Notwendig sei ein Surveillance-System, dass unter dem Motto "geographische Medizin", die Situation beobachte, so Wiedermann-Schmidt. Dabei ließen sich durchaus auch Vorteile feststellen. Bestimmte parasitäre Erkrankungen würden das Immunsystem suppressiv beeinflussen und so Allergien und Autoimmunerkrankungen verhindern bzw. abschwächen. Dies könne man sich zunutze machen, indem man den Träger des positiven Effektes von dem trenne, was für die schädliche Infektion sorge und nach einem entsprechenden Präparat forsche.

Mit Ende des Jahres ist laut Wiedermann-Schmidt die Gründung einer Spezialambulanz für schwierige Impffälle und kranke Reisende mit seltenen oder tropischen Infektionen geplant. "Derzeit vergeht oft zu viel Zeit bis zur Diagnose", kritisierte die Vakzinologin. Kenia-Urlauber kämen beispielsweise in der klassischen Grippezeit nach Hause und gingen mit Fiebersymptomen zum Hausarzt. "Das sind Situationen, die können sehr gefährlich werden - bei Malaria zählt jeder Tag", betonte die Expertin. Neben einer allen bekannten Anlaufstelle sei auch mehr Bewusstsein nötig.

Impfmüde Österreicher

Als problematisch beurteilte die Spezialistin die Impfmüdigkeit der Österreicher. Massenhafte Ansteckungen mit Masern und Röteln wie in den vergangenen Wintern kämen nur vor, da die Durchimpfungsrate zurückgehe - und diese müsse bei knapp 90 Prozent liegen, um Herden-Ansteckungen zu verhindern. Bei vielen sei die Angst vor Krankheiten durch das gute Wirken der Impfprogramme mittlerweile aber leider geringer als jene vor Nebenwirkungen bei Vakzinen. Dies sorge für einen Impf-Rückgang.

Ein Hoffnungsprojekt des Instituts für Vakzinologie ist die Forschung an einer Brustkrebskarzinom-Impfung, die bereits Phase 1-Testungen durchläuft. Acht von zehn Patienten hätten trotz fortgeschrittenem Brustkrebs Immunität gezeigt, so Christoph Zielinski, Vizerektor an der medizinischen Universität Wien, über den derzeitigen Forschungsstand. Bis zu einem möglichen Vakzin, sei aber noch viel Arbeit nötig. (APA/red)