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Angehörige der brasilianischen Luftwaffe bringen eine der 24 geborgenen Leichen zur Identifizierung.

AP Photo/Eraldo Peres

Eine Pilotengewerkschaft rief bereits zum Boykott der A330-Airbusses auf.

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Plötzlich eilt 's. Air France hatte zwar schon Ende 2008 eine "bedeutende Zahl von Zwischenfällen" mit Messsonden festgestellt und im April dieses Jahres begonnen, diese auszutauschen. Nach dem tragischen Absturz des A330 mit 228 Toten beschleunigt die Airline die Operation aber. Sämtliche Airbus-Maschinen A330 und A340 starten ab sofort mit mindestens zwei neuen Sensoren, hieß es am Dienstag von der Fluglinie.

Diese Geräte zur Messung der Geschwindigkeit könnten nämlich Auslöser für den Absturz gewesen sein. Aus anderen, automatisch übermittelten Informationen der Unglücksmaschine geht hervor, dass die drei so genannten Pitot-Sonden unterschiedliche Daten an das Cockpit überlieferten. Dies schaltete den Autopiloten aus, und die Crew flog möglicherweise nicht mehr mit Idealgeschwindigkeit in die Gewitterzone nordöstlich von Brasilien. Ein Flugzeug kann dadurch völlig aus der Bahn geworfen werden. Das zeigte sich schon 1997 in Südamerika: In einer Douglas DC-9 der Austral Líneas Aéreas waren die Sonden auf einem Flug nach Buenos Aires vereist, die Maschine hatte Probleme mit der Geschwindigkeit und stürzte ab. 75 Menschen starben.

Die neueren Pitot-Sonden sollen gegen Vereisung gefeit sein. Die Geräte bestehen aus Röhrchen, die am Bug angebracht sind. Heute sind alle Modelle beheizt. Neben Air France hat auch US Airways angekündigt, diese Sonden auszutauschen. Zahlreiche Fluggesellschaften, wie Lufthansa, fliegen mit anderen Messgeräten und sehen keine Veranlassung zum Auswechseln. Die AUA führt keine A330 oder A340 in ihrer Flotte und kennt das Problem laut einem Sprecher daher nicht.

Die Ankündigung von Air France, ihre Pitot-Sensoren auszutauschen, folgt auf einen am Montag von der Pilotengewerkschaft Alter geäußerten Aufruf an ihre Mitglieder, den Flug mit A330- oder A340-Maschinen zu verweigern, wenn nicht mindestens zwei der drei Sonden erneuert seien.

Der größte Pilotenverband bei Air France, SNPL, ließ allerdings verlauten, es gebe "keinen feststehenden Zusammenhang" zwischen Absturz und Sonden. Auch die europäische Flugsicherheit EASA teilt diese Meinung. Die Frage des Sonden-Austausches ist für Air France und Airbus aber nicht nur eine Frage der Sicherheit: In Brasilien und den USA bieten sich bereits große Anwaltskanzleien an, für die Hinterbliebenen Entschädigungsklagen anzustrengen. Um die Absturzursache wirklich zu klären, muss erst der Flugschreiber gefunden werden.

Bisher 41 Leichen geborgen

Mittlerweile seien 13 weitere Opfer des Unglücks gefunden worden, sagte ein Sprecher der brasilianischen Armee am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Recife. Damit stieg die Zahl der geborgenen Toten auf 41. Davon seien 16 Leichen zur Identifizierung auf die brasilianische Insel Fernando de Noronha gebracht worden, sagte der Sprecher. Die übrigen Leichen befinden sich demnach noch auf   brasilianischen Booten. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD Print-Ausgabe, 10./11.06.2009/APA)