Ilse Aichinger

Foto: Newald

Sie, Ilse Aichinger, ist die Grande Dame der heimischen Gegenwartsliteratur. Er, Stefan Moses, einer der bedeutendsten Fotochronisten der Nachkriegszeit. Aichinger kam als Tochter einer Ärztin und eines Lehrers 1921 in Wien zur Welt. In einer Welt, die bald aus allen Fugen geriet: Mit dem Einmarsch der Hitlertruppen in Österreich 1938 verlor Ilse Aichingers Mutter als Jüdin sofort Praxis, Wohnung und die Beamtenstelle. Nach dem Ende der Nazibarbarei studierte Aichinger zuerst Medizin, aber schon 1948 erschien ihr Debütroman Die größere Hoffnung. Stefan Moses stammt aus Schlesien, nach dem Zweiten Weltkrieg ließ er sich in München nieder.

Ab 1950 arbeitete er als Fotoreporter vor allem für den Stern, seine bevorzugten Motive waren schon damals Porträts von Menschen aus West- und Ostdeutschland. Neben Unbekannten lichtete er bald berühmte Künstler und Philosophen wie Erich Kästner, Otto Dix, Max Frisch, Thomas Mann oder Theodor W. Adorno ab. In den 1970ern dann erstmals Ilse Aichinger, die der Magnum-Fotograf seitdem kontinuierlich mit der Kamera begleitet hat. Beide sind schließlich Schicksalsgenossen, nur unter großen Nöten haben sie die Nazizeit überlebt. Einzelaufnahmen und Fotoserien, die Inszenierung und Spontaneität verbinden, zeigen die Dichterin privat: beim Lesen, bei Gesprächen, im Garten, in der Küche, in Kaffeehäusern oder mit der Familie, den Kindern und Enkelkindern. Die Bilder zeugen zudem von der Freundschaft und dem gegenseitigen Respekt zwischen Aichinger und Moses. (dog, DER STANDARD/Printausgabe, 09.06.2009)

Bis 11. 6.