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Nicolle Rochelle im Wiener Ronacher als Josephine.

Foto: APA

Wien  - Sie gab dem Gastspiel Kontur und Sinn: Nicolle Rochelle kam zwar die gewichtige Aufgabe zu, Josephine Baker und auch jene Darstellerin Cindy zu sein, die in New Orleans von einem Revue-Produzenten für eine Baker-Show-Rekonstruktion engagiert wird. Ermüdung oder Mühe allerdings waren Rochelle nicht anzumerken, obwohl sie eigentlich die Show zu tragen hatte. 

Ob es nun darum ging, den typisch schrillen Tonfall der Baker (samt Tanzemphase) zu erwecken oder zwischendurch mit Gershwins The Man I Love  ein bisschen Billie-Holiday-Flair einzubringen - sie setzte jede Idee von Regisseur Jerome Savary professionell um. Und wie dann der im Publikum weilende Savary aufstand, um mit ihr ein Liedchen zu singen, zauberten beiden eine gewisse Intimität ins Ronacher.

Das Problem ist nur: Die ganze Musicalshow nennt sich zwar "Looking for Josephine", getragen ist sie jedoch vom ehrenvollen Wunsch, eine ziemliche Menge an Geschichten rund um die Dame zu bauen. Jene Dame, die im Paris der 1920er und 1930er Jahre zum Star wurde und auch Klischeevorstellungen über Afroamerikaner durch grelle, clowneske Überzeichnung verulkte.

Wir sind also in New Orleans, man schreibt das Jahre 2005, Hurrikan Katrina hat die Stadt verwüstet, und Old Joe (Walter Reynolds) erzählt Geschichten von Sklaverei, Rassismus, Rassentrennung und vermittelt auch Musikstile, die durch kulturelle Verschmelzung entstanden. Salsa, Gospel, Blues, Boogie und Jazz (mit den Ausformungen Dixieland und Swing) - all das wird showmäßig angerissen.

Von Josephine ist denn auch sehr lange keine Rede, außer durch den Produzenten (Michael Dussarrt), der eben die Darstellerin für die Show "Revue Negre" sucht. Leider: Das Stück mit seinen Rückblenden, Tanznummern und Publikumsspielchen verstrickt sich in sich selbst.

Wie dann zum Finale doch noch die Showtreppe in Paris erscheint und Josephine mit ihrem Bananengürtel zu wackeln beginnt, hat man schon fast auf sie vergessen. Trotz der Überfülle an Eindrücken bleibt aber das Gefühl, dass eine Menge ernster Themen auf eine etwas leichtfertige Art und Weise in eine Revue gepresst wurden. Wenn etwa die rituellen Machenschaften des Ku-Klux-Klans filmisch abgehandelt werden, muss auch noch dazu live getanzt werden. Wirkte ein bisschen makaber. (Ljubiša Tošic  / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.6.2009)