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Die Tage von Gordon Brown als britischer Premierminister könnten gezählt sein.

Foto: REUTERS/Stefan Rousseau

In einer Hinsicht immerhin sind sich die Mitglieder der Labour-Fraktion im Londoner Unterhaus einig: Schlimmer kann es nicht mehr werden. Nach dem schlechtesten landesweiten Ergebnis der altehrwürdigen Arbeiterpartei seit 1910 ziehen führende Labour-Leute allerdings unterschiedliche Folgerungen aus Kommunal- und Europawahl. Während Ex-Justizminister Charles Falconer die "Einheit der Partei" beschwört und zum Sturz von Premier Gordon Brown aufruft, kontert Innenminister Alan Johnson trocken: "Ich glaube nicht, dass Königsmord zur Einigkeit führt." Trotzdem gilt Johnson vielen als der mögliche Nachfolger Browns.

Am Montagabend skizzierte der Regierungschef dann vor der Fraktion seinen künftigen Kurs. Brown habe die "Rede seines Lebens" gehalten, berichtete der neu bestellte Kulturminister Ben Bradshaw später. Rebellen aus den eigenen Reihen wollten über einen Antrag zum Sturz des Premiers entscheiden und hatten Unterschriften gesammelt. Doch nur zwei Abgeordnete standen am Ende angeblich auf und legten Brown den Rücktritt nahe. Die Partei wolle, "dass der Kapitän an Bord bleibt" , zitierte die BBC einen Staatssekretär aus der Sitzung. Brown war bei dem Treffen im Unterhaus demonstrativ mit Applaus und aufmunternden Zurufen begrüßt worden.

Ein knappes Jahr vor dem letztmöglichen Termin für die Unterhauswahl landete die Regierungspartei bei der Europawahl bei 15,3 Prozent, mehr als 20 Prozent hinter dem Ergebnis von 2005 - landesweit der dritte Platz hinter Konservativen (28,6) und der EU-feindlichen UKI-Partei (17,4). In Wales wurde Labour durch die Konservativen erstmals seit 1922 von Platz eins verdrängt, in Browns Heimat Schottland dominierten die Nationalisten. Noch vor dem Auftritt vor der Fraktion hatte der Premier eine weitere Schlappe durch den Rücktritt von Umwelt-Staatssekretärin Jane Kennedy hinnehmen müssen. Sie lege ihr Amt nieder, weil sie Brown nicht die Gefolgschaft zusichern wolle - und genug von "Schmutzkampagnen" in der Regierung habe.  (Sebastian Borger aus London/DER STANDARD, Printausgabe, 9.6.2009)