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Die Christdemokraten bleiben nach einer EU-Wahl mit historisch niedriger Wahlbeteiligung die stärkste Kraft im EU-Parlament. Die Sozialdemokraten bilden trotz Verlusten in vielen Ländern die zweitstärkste Fraktion.

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Brüssel - Die christdemokratisch-konservative Europäische Volkspartei (EVP) hält nach einer am Dienstag aktualisierten Hochrechnung weiter bei 263 Sitzen im neuen EU-Parlament, die Sozialdemokraten kommen demnach nach starken Verlusten auf nur mehr 162 Mandate. Nach dem vom EU-Parlament und dem Meinungsforschungsinstitut TNS errechneten vorläufigen Wahlergebnis entfallen 94 Sitze - fast 13 Prozent Stimmenanteil - auf Fraktionslose, darunter auch mehrere rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien.

In Prozenten am Stimmenanteil liegt die EVP mit 35,7 Prozent knapp unter ihrer bisherigen Stärke (36,7 Prozent), allerdings haben sich die britischen und tschechischen Konservativen bereits von der EVP-Fraktion losgesagt. Die SPE-Fraktion bricht um 5,6 Prozentpunkte ein und hält bei einer Stärke von 22,0 Prozent im neuen EU-Parlament. Die Liberalen (ALDE) müssen nach der neuen Hochrechnung leichte Verluste hinnehmen und sind mit nunmehr 80 Mandaten (10,9 Prozent) drittstärkste Kraft. Als einzige Fraktion legten die Grünen zu, die auf 52 Sitze kommen, was einem Anteil von 7,1 Prozent (bisher 5,5 Prozent) entspricht.

Die nationalistisch orientierte Fraktion "Union der Nationen Europas" verliert leicht und hält nunmehr bei 35 Sitzen bzw. einem Stimmenanteil von 4,8 Prozent. Knapp dahinter liegt die Vereinigte Linke mit 32 Mandaten und 4,3 Prozent. Die EU-skeptische Fraktion Unabhängigkeit/Demokratie wäre nach den neuen Regeln mit 18 Mandaten und 2,4 Prozent der Stimmen nicht mehr groß genug, um sich erneut als politische Gruppierung konstituieren zu können.

In der Gruppe der Fraktionslosen sind die britischen Tories ebenso eingerechnet wie die tschechische ODS. Aus Österreich fallen die Liste Hans-Peter Martin und die FPÖ in diese Kategorie. Die offen rassistische British National Party (BNP) wird voraussichtlich zwei Abgeordnete ins EU-Parlament entsenden, die rechtsextreme ungarische Jobbik-Partei voraussichtlich drei. (APA)

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Wahlbeteiligung und Länderergebnisse

In den meisten Ländern der EU gab es einen Rechtsruck, und die Wahlbeteiligung sank weiter. Schätzungen gingen von etwas mehr als 40 Prozent aus, nachdem 2004 noch 43 Prozent der Wahlberechtigten wählten. Vor allem christdemokratische und konservative Parteien profitierten, während fremdenfeindliche Protestparteien unterschiedlich abschnitten. Im neuen EU-Parlament werden somit deutlich mehr Abgeordnete rechts der Mitte sitzen als bisher. 

In Deutschland bleiben CDU und CSU zwar die stärkste europäische Kraft, sie mussten aber Verluste von etwa sechs Prozent hinnehmen. Sie fielen von über 44 auf etwas mehr als 38 Prozent zurück. Der Koalitionspartner SPD schaffte den erhofften Befreiungsschlag nicht - nach den Hochrechnungen liegen die Sozialdemokraten sogar unter ihrem historischen Tiefpunkt von 21,5 Prozent vor fünf Jahren und kommen auf 21,2 bis 21,4 Prozent. Die FDP erreicht nach starken Gewinnen mit 10,6 bis 10,8 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis bei einer Europawahl. Die Linke verbessert sich leicht und kommt auf 7,1 bis 7,5 Prozent. Die Grünen liegen mit 11,6 bis 12 Prozent in der Nähe ihres Rekordergebnisses von 11,9 Prozent vor fünf Jahren. Rechtsextreme Parteien spielten in Deutschland so gut wie keine Rolle.

In Frankreich gab es einen Sieg für das Sarkozy-Bündnis und eine Schlappe für die Sozialdemokraten. Die konservative UMP kam nach ersten Prognosen auf 28,4 Prozent der Stimmen. Für die sozialistische PS stimmten nur 16,8 Prozent. Damit musste die wichtigste Oppositionspartei entgegen dem EU-weiten Trend erneut eine herbe Schlappe hinnehmen.

In Großbritannien lag die Labour Party von Premier Gordon Brown nach Auszählung von elf der zwölf Wahlkreise bei nur 15,4 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz hinter den Konservativen und den EU-Gegnern der UKIP (UK Independence Party) und erzielte das schlechteste Ergebnis seit dem Ersten Weltkrieg. Der rechtsextremen British National Party (BNP) gelang der Durchbruch. Die ausländerfeindliche Partei zieht mit zwei Abgeordneten ins Europaparlament ein und verbuchte damit die ersten Mandatsgewinne bei landesweiten Wahlen in Großbritannien.

In Ungarn erreichte die oppositionelle rechtskonservative Fidesz-MSPZ mit 56,7 Prozent der Stimmen 14 der 22 ungarischen Sitze im EP-Parlament. Die rechtsextreme Jobbik-Partei  erhielt 14,8 Prozent der Stimmen und holte damit fast die regierenden Sozialisten ein. Das oppositionelle konservative Demokratenforum MDF (5,3 Prozent) sicherte sich einen Platz.

In Slowenien hat die konservative oppositionelle Slowenische Demokratische Partei (SDS) klar die EU-Parlamentswahl gewonnen. Nach dem ersten vorläufigen Endergebnis erhielt die Partei von Ex-Premier Janez Jansa 26,82 Prozent der Stimmen. Die regierenden Sozialdemokraten (SD) kamen auf 18,76 Prozent. Beide Parteien gewannen damit jeweils zwei der insgesamt sieben slowenischen Sitze im EU-Parlament.

In der Slowakei waren die wenigen Wähler (Beteiligung etwa 17 Prozent) mit der Arbeit der Regierungskoalition zufrieden. Die inoffiziellen Ergebnisse bestätigen die Kräfteverhältnisse, die sich nach der Parlamentswahl 2006 und der Präsidentenwahl 2009 gefestigt haben. Die drei Koalitions-Parteien konnten sieben von 13 Mandaten auf sich vereinen.

In Schweden konnten die etablierten Parteien der Sozialdemokraten und Konservativen ihre Positionen halten. Überraschend schaffte die "Piratenpartei" mit einem Mandat den Einzug ins Parlament. Vor einem starken Ergebnis stehen auch die schwedischen Grünen - sie dürften ihren Stimmenanteil von 6 auf 11,5 Prozent fast verdoppeln. Die schwedische Überraschungssiegerin der EU-Wahlen vor fünf Jahren, die EU-skeptische Juniliste, stürzt laut Prognosen von 14,5 auf 3,6 total ab. Auch für die Linkspartei stürzte von 12,8 auf 5,7 Prozent ab.

In Dänemark waren die links-grüne Sozialistische Volkspartei SF (15,2 Prozent - 2004: 7,3 Prozent) und die rechtspopulistische Dänische Volkspartei DF (11,6 Prozent - 2004: 6,8 Prozent) laut einer Wählerbefragung die Sieger der EU-Wahlen. Die vorweg als Gewinner getippten oppositionellen Sozialdemokraten blieben größte europäische Einzelfraktion, mussten aber herbe Verluste hinnehmen.

Wie in so vielen Ländern steuert auch die Regierung in Irland auf eine kräftige Schlappe zu. Die konservative Partei von Ministerpräsident Cowen, Fianna Fail, kommt nach Prognosen auf rund 23 Prozent - 6,5 Prozentpunkte weniger als vor fünf Jahren. Erstmals ist die Regierungspartei damit nicht die stärkste Kraft im Land. Die Oppositionspartei Fine Gael kam nach der Prognose auf rund 30 Prozent.

Laut Endergebnis  in der Tschechischen Republik schaffen es vier Parteien ins EU-Parlament. Alle anderen der insgesamt 32 kandidierenden Parteien oder Listen scheiterten an der Fünf-Prozent- Hürde. Mirek Topolaneks konservative (ODS) erreichte 31,5 Prozent  (+ 1,5) und stellt neun Abgeordnete, die Sozialdemokraten (CSSD) mit 22,4 Prozent sieben. Damit haben sie um 13,6 Prozentpunkte mehr als 2004 erreicht. Die Kommunisten stellen mit 14,2 Prozent vier Abgeordnete, die christdemokratische (KDU-CSL) 7,6 Prozent zwei. Die Wahlbeteiligung lag mit  28,2 Prozent nur kanapp unter der bei der letzten EU-Wahl.

Die oppositionellen Sozialisten haben die Wahlen für das Europäische Parlament in Griechenland gewonnen. Nach Auszählung von mehr als 99 Prozent der Stimmen bekommen die Sozialisten unter ihrem Präsidenten Giorgos Papandreou 36,7 Prozent (2004: 34,0) und acht Abgeordnete im neuen Europäischen Parlament. Die regierende bürgerliche Nea Dimokratia (ND) unter Ministerpräsident Kostas Karamanlis bleibt mit etwa 32,3 Prozent weit hinter dem Ergebnis von 2004 (43,0 Prozent). Die Konservativen werden auch acht Abgeordnete entsenden. Die Wahlbeteiligung fiel trotz Wahlpflicht auf ein historisches Tief von etwa 52 Prozent (2004: 63,2), wie die zentrale Wahlkommission am Montag weiter mitteilte. In Straßburg vertreten sein wird auch die griechische Kommunistische Partei (KKE), die auf 8,4 Prozent (2004: 9,4) und zwei Abgeordnete kommt. Die ultrakonservative Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung (LAOS) wird zwei Abgeordnete entsenden. Sie bekam 7,2 Prozent (2004: 4,1). Die kleinere linke Partei Bündnis der Radikalen Linken kommt auf 4,7 Prozent und einen Abgeordneten (2004: 4,1). Erstmals ist es auch den griechischen Grünen mit etwa 3,5 Prozent gelungen, einen Abgeordneten nach Straßburg zu schicken (2004: nur 0,67 Prozent).

In Rumänien hat die sozialdemokratische Partei (PSD) laut den ersten amtlichen Endergebnissen der Europa-Wahl 30,5 Prozent der Stimmen erzielt und damit ihren Vorsprung gegenüber ihrem Regierungspartner, der rechtsorientierten Liberaldemokratischen Partei (PD-L) mit 29,6 Prozent gefestigt. Den dritten Platz nimmt die oppositionellen Nationalliberale Partei (PNL) mit 14,5 Prozent ein, gefolgt vom Demokratischen Ungarnverband in Rumänien (UDMR) mit 9,2 Prozent und der Groß-Rumänienpartei Romania Mare (PRM) des Ultranationalisten Corneliu Vadim Tudor mit 8,7 Prozent. Die unabhängige Kandidatin Elena Basescu, die Tochter des rumänischen Präsidenten, hat 4,2 Prozent erzielt und damit ebenfalls den Einzug in das Europäische Parlament geschafft. Ausgezählt wurden 91 Prozent der Stimmen.

In Bulgarien hat die bürgerliche Oppositionspartei GERB die Europawahl klar gewonnen. Sie erhielt 24,48 Prozent der Stimmen, teilte die Wahlkommission am Montag nach der Auszählung aller Stimmen mit. Die regierenden Sozialisten (Ex-Kommunisten) kamen auf nur 18,59 Prozent. Die Bulgaren bestimmten ihre 17 EU-Abgeordneten bei einer Wahlbeteiligung von 37,73 Prozent (2007: 28 Prozent). Die Abstimmung wurde von Berichten über Stimmenkauf überschattet. Ins Europaparlament ziehen wieder die EU-feindliche Ataka Partei mit 12 Prozent und die Partei der türkischen Minderheit (DPS) mit 14 Prozent ein. Auch die liberale Nationale Bewegung NDSW (8 Prozent) sowie die rechte Blaue Koalition (7,99 Prozent) werden Vertreter ins EU-Parlament entsenden.

In Finnland lagen Zentrum und Konservative in der Prognose mit 21,6 und 21,7 Prozent praktisch gleichauf, die Sozialdemokraten mit 17,7 Prozent deutlich dahinter.  Die rechtsextremen "Wahren Finnen" erreichten bei ihrem ersten Antreten fast zehn Prozent der Stimmen.  (APA/ag.)