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Der "Krieg gegen Krebs": Die Diagnose Brustkrebs ist hart, aber kein Todesurteil mehr. Therapiert wird in Österreich nach neuesten Standards.

Foto: REUTERS/Yannis Behrakis

Wenn Filmstar Olivia Newton-John "Ich bin so glücklich, hier zu sein" ins Auditorium strahlt, wie kürzlich bei der Asco, der größten Onkologie-Tagung der Welt, denkt man an Hollywood-Kitsch. Wäre da nicht der nächste Satz: "Ich bin glücklich, überhaupt noch da zu sein auf dieser Welt." Die Schauspielerin gehört, seit sie mit Brustkrebs leben lernen musste, zum Staraufgebot der amerikanischen Krebsabwehr. Bekannte Gesichter prägen den "War Against Cancer", der mit Informationskampagnen zur Früherkennung, Fundraising und Charity-Events geführt wird. Trotz aller Aktionen ist es in den USA nicht einfach, Teilnehmende an der Probephase neuer Medikamente zu finden. Die Rekrutierung fällt in Österreich leichter.

35 Prozent der an Brustkrebs Erkrankten nehmen an Studien teil. "Eine Zahl, von der man andernorts nur träumen kann", sagte Michael Gnant, Präsident der ABCSG (Österreichische Studiengruppe Brustkrebs und Darmkrebs) am Rande der Asco. Von Ethikkommission und Behörden überwacht, wurden seit Gründung der Forschungsgesellschaft 31 Studien (neun davon sind noch offen) mit bislang 19.703 Teilnehmenden durchgeführt. Die Patientinnen bekommen durch die neuesten Medikamente Hoffnung.

Mehr Lebensqualität

Ziel der Ärzte sei, so Gnant, nicht nur die neuesten Therapien zu prüfen, sondern Lebensqualität und Lebenserwartung der Patientinnen zu steigern - auch in Krankheitsstadien mit geringer Lebenserwartung. Über die Kosten für wenige Lebenswochen mehr könne man zwar diskutieren, sagt der Grazer Onkologe Hellmut Samonigg, der Gewinn daraus sei aber das Wissen über neue Therapiemethoden, und das wiege die Kosten auf.

So hatten die Österreicher bei der letztjährigen Asco mit ihrer Studie ABCSG für Aufsehen gesorgt. Die Studiengruppe hatte nachgewiesen, dass die Therapie mit einem Bisphosphonat die Chancen junger Brustkrebspatientinnen nach einer Krebsoperation entscheidend verbessert hat. Mehr als 98 Prozent dieser Brustkrebspatientinnen sind fünf Jahre nach der Diagnose noch am Leben, auch ohne Chemotherapie. Im Vergleich zu einer ausschließlichen Antihormontherapie verbessern sich die Aussichten, Rezidive zu verhindern, um 35 Prozent.

Zurzeit beteiligt sich die ABCSG an einer internationalen Phase-III-Studie (siehe Wissen) mit nach der Operation verabreichtem Bevacizumab bei Mammakarzinom. Der zielgerichtete Wirkstoff (Handelsname Avastin), ein monoklonaler Antikörper, beeinflusst das Gefäßwachstum bei Tumoren und hat sich bei fortgeschrittenem Brustkrebs in Kombination mit Chemotherapie bewährt, wie die bei der Asco präsentierte Ribbon-1-Studie zeigt.

Eine andere Studie zu einer neuen Therapieform - der Einsatz von PARP1-Inhibitoren - wurde soeben begonnen. Das körpereigene Enzym PARP1 repariert DNA, aber auch Tumorzellen. Mit Hemmern will man die Reparatur und damit die Blockade von Therapien verhindern. PARP1-Inhibitoren werden gemeinsam mit Chemotherapie verabreicht. Die Kombination mit Avastin ist angedacht.

Aufgrund der Innovationen bei Therapien sank in den letzten zehn Jahren in Österreich die Mortalität von Brustkrebserkrankten (bei rund 5000 Neuerkrankungen pro Jahr), die Brusterhaltung stieg auf 80 Prozent. "Das Wissen aus unseren Studien wird rasch umgesetzt. Es dauert in Amerika fünf Jahre, bis Asco-Daten in die Praxis kommen, bei uns nur fünf Monate", sagt der Wiener Onkologe Günther Steger. Er führt das nicht nur auf die Überschaubarkeit Österreichs zurück, sondern auch auf das dichte Netzwerk der ABCSG mit 600 Prüfärztinnen und -ärzten an 100 Zentren.

Was der Forschungsgruppe fehlt, sind öffentliche Fördergelder, so ist man bei klinischen Studien auf die Finanzierung durch Pharmakonzerne angewiesen.

Internationaler Vergleich

Bei der Therapie von Krebspatienten liege Österreich über dem europäischen Durchschnitt, bescheinigte eine Untersuchung des Stockholmer Karolinska-Instituts. 3,5 Millionen Euro werden pro 100.000 Patienten hierzulande für Krebsmedikamente aufgewendet, im europäischen Durchschnitt sind es nur 2,6 Millionen. Bei der Früherkennung sieht das Vergleichsranking dann aber anders aus. So stellte eine EU-Untersuchung fest, dass in Österreich flächendeckende Screeningprogramme fehlen. "Vorsorgeuntersuchungen blieben der Verantwortung des Einzelnen überlassen", kritisiert Onkologe und Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda. (Jutta Berger, DER STANDARD, Printausgabe, 8.6.2009)