Einer von vielen Filmschaffenden, die das NS-Regime nicht überlebten: der Kabarettist, Librettist und Schauspieler Fritz Grünbaum (li.).

Foto: Filmarchiv
Wien - Zum Beispiel Ida Jenbach: Die ausgebildete Schauspielerin begann in den 10er-Jahren als Dramaturgin an österreichischen und deutschen Stummfilmproduktionen mitzuwirken. Als Drehbuchautorin war sie später gemeinsam mit Hans Karl Breslauer unter anderem für die Adaption von Hugo Bettauers Stadt ohne Juden (1924) verantwortlich.

Ab 1930 arbeitete sie in Deutschland: "Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland im Jänner 1933 und der damit einhergehenden Einführung des Arierparagraphen wird ihre Tätigkeit für den deutschen Film verunmöglicht. (...) Nur noch einmal lässt sich ein Drehbuch realisieren (...). Am 28. November 1941 wird Jenbach gemeinsam mit 1.000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern vom Wiener Aspangbahnhof in die weißrussische Stadt Minsk deportiert und gilt seither als vermisst", schreibt der Filmhistoriker Armin Loacker im Einleitungstext zur Schau "Kino vor dem KZ. Filmkünstler als NS-Opfer".

Diesen und vergleichbare andere Lebenswege hat das Filmarchiv Austria in den vergangenen Jahren begonnen, wissenschaftlich aufzuarbeiten. Und sich damit einem Teil der Filmgeschichte zugewandt, der - abgesehen von Ulrich Liebes Standardwerk verehrt - verfolgt - vergessen, in dessen Mittelpunkt "Schauspieler als Naziopfer" standen - bisher noch wenig erforscht und dokumentiert ist.

Filmisches Gedächtnis

In einer umfangreichen Retrospektive und einer begleitenden Ausstellung stellt das Filmarchiv derzeit nun Arbeiten jener vor, die die ersten Jahrzehnte der österreichischen Filmgeschichte mitgestalteten und die oftmals "nach ihrer Ermordung auch aus dem Gedächtnis der Filmgeschichte gelöscht wurden".

Neben bekannten Namen wie jenem des Kabarettisten und Librettisten Fritz Grünbaum oder den Schauspielern Otto Wallburg und Joachim Gottschalk waren dies unter anderem Verleiher wie die Brüder Hamber, der Regisseur und Produzent Rudolf Meinert oder Kinobetreiber wie Robert Müller.

Das Programm ist entsprechend heterogen. Unter den gezeigten Filmen aus rund drei Jahrzehnten finden sich neben Wiederentdeckungen auch Klassiker wie Das Kabinett des Dr. Caligari, Der Kongress tanzt, Der blaue Engel oder Die Drei von der Tankstelle. Kurt Gerron, Kabarettist und Regisseur, der in den beiden Letzteren als Darsteller mitwirkte, steht außerdem im Mittelpunkt einer Oscar-nominierten Dokumentation:

Prisoner of Paradise von Malcolm Clarke und Stuart Sender wird als europäische Erstaufführung gezeigt. Gerron stand unter anderem auch bei der Uraufführung der Dreigroschenoper auf der Bühne - als gefeierter Interpret der "Moritat von Mackie Messer", die zuletzt Robbie Williams zu Verkaufserfolgen verhalf.

An dieses musikalische Vermächtnis, etwa an die Tonfilmschlager der 30er-Jahre, wird am 22. und 29. März im Rahmen der Veranstaltung "Bronner im Kino" mit Gerhard Bronner erinnert. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.3.2003)