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Rege Bautätigkeit in Maale Adumim: das Bild entstand am 27. Mai

Foto: Reuters/Ronen Zvulun

"Zur Ihrer Auswahl stehen Drei-, Vier- und Fünfzimmerwohnungen sowie geräumige Cottage-Häuser" , schreibt die Baufirma Maschhav auf einem gewaltigen gelben Plakat an der Einfahrt zu einer ausgedehnten Baustelle am Rand der Siedlung Givat Seev bei Jerusalem. Etwas weiter östlich in der Siedlung Maale Adumim an der Straße nach Jericho ist noch mehr los. An ganzen Reihen von fast fertig gestellten fünfgeschossigen Wohnhäusern machen sich Maurer und Fliesenleger zu schaffen, während Betonmischwagen umhertuckern - hier geht gerade jener "Ausbau von bestehenden Siedlungen" vor sich, den die israelische Regierung als selbstverständliches Bedürfnis betrachtet, von dem US-Präsident Barack Obama aber nichts mehr hören will.

Im Verkaufsbüro gleich daneben will Marketing-Direktor Jossi Nemet nicht über Politik reden, berichtet aber von "einer Nachfrage, wie ich sie nie zuvor gesehen habe" . Bis Jahresende wird allein seine Firma hier nach und nach 142 Wohnungen übergeben können - allein im Mai habe man 12 Kaufverträge unterschrieben, und das sei vier Mal so viel wie die normale Monatsrate.

Maale Adumim hat mit seinen 35.000 Einwohnern die Größe einer Stadt, und "viele Menschen ziehen her, nicht wegen einer politischen Meinung, sondern weil das ein fantastischer Ort mit einer hohen Lebensqualität ist" , sagt Nemet. Manche erklären den Run mit der Befürchtung, dass Obama doch einen Baustopp durchsetzen und dann der Wohnungs-Vorrat ausgehen könnte. Eine Lehrerin, die schon seit Jahren in der Siedlung lebt und sich jetzt für eine neue Wohnung interessiert, versichert aber, dass die Kontroverse zwischen Obama und Premier Benjamin Netanjahu ihr völlig egal ist.

Zuwanderung aus Israel

"Unsere vier Zimmer sind uns zu klein geworden, wir wollen jetzt etwas mit einem Garten, wo jedes der drei Kinder sein eigenes Zimmer hat" , sagt sie, und Wegziehen kommt für sie nicht in Frage, denn "es gibt keinen anderen Ort, wo man jungen Familien so hilft."

Das klingt genau nach jenem "natürlichen Wachstum" , mit dem die Israelis gegenüber Obama den Ausbau begründen. Zugleich ist klar, dass der Bedarf nach Wohnungen in den Westjordanland-Siedlungen nicht nur durch den Geburtenüberschuss entsteht, sondern auch durch Zuwanderung aus Israel und sogar durch Käufe begüterter ausländischer Investoren.

Laut Oded Ravivi, dem Bürgermeister der 7000-Seelen-Siedlung Efrat bei Bethlehem, gibt es aber de facto jetzt schon einen Ausbau-Stopp. "Die Zeiten, als die Regierung die Zuwanderung gefördert hat, sind längst vergessen, es werden bloß noch alte Projekte, die schon vor vielen Jahren bewilligt wurden, zu Ende geführt." In seiner Gemeinde sei seit fünf Jahren nicht mehr gebaut worden, und man fühle sich "erwürgt" , weil "junge Paare keinen Platz zum Wohnen haben."

Dem Einwand, dass doch keine Stadt auf der Welt unbegrenzt wachsen könne und man irgendwann halt wegziehen müsse, wenn es keinen Platz mehr gebe, weicht der Bürgermeister aus - es gebe eben "in der ganzen Region und in Jerusalem keine Optionen" . Und er getraut sich nicht zu prophezeien, ob Netanjahu hart bleiben oder letztlich alle Bauaktivitäten stoppen wird: "Ich beneide ihn nicht um seine Lage." (Ben Segenreich aus Maale Adumim/DER STANDARD, Printausgabe, 4.6.2009)