Bild nicht mehr verfügbar.

Weltweit wachsen die Müllberge. Gefährliche Reststoffe machen diese zu einem riskanten Terrain. Wer sie saniert und ihre Gase richtig einsetzt, kann sie freilich in Energie umwandeln.

Foto: AP

Reinhard Göschl kennt sie alle, die Müllberge in Singapur und Korea, in den Emiraten und den USA. Er stoße in ihnen weltweit auf ähnliche Inhaltsstoffe, sagt er. Nach Jahren im Müll lösen sich regionale Eigenheiten auf, zurück bleiben Giftcocktails auf kontaminierter Erde.

Viele alte Deponien sind tickende Zeitbomben, Göschls Job ist es, sie zu entschärfen. Er habe sich in einer Nische breitgemacht, in die ihm nur wenig Mitbewerb folge, erzählt er. International führt an dem 59-Jährigen kein Weg vorbei: Er hat in den vergangenen 20 Jahren mehr als 17 Millionen Kubikmeter Deponien saniert und rückgebaut.

Begonnen hat alles mit einer grünen Tonne: Im Auftrag eines Papiererzeugers führte er Österreichs erste getrennte Hausmüll-Sammlung ein. Es folgten heftige ideologische Debatten. "Ich zog damals wie ein Prophet von Ort zu Ort. Keiner wollte glauben, dass sich Mülltrennung tatsächlich durchsetzt."

Selbsständigkeit

Nach den Papiertonnen kam ein Standardwerk über Deponierückbau und der Sprung in die Selbstständigkeit. Göschl gründete sein Ingenieursbüro und internationale Tochterfirmen. Geradezu stiefmütterlich sei der Abfall in dieser Zeit behandelt worden, erinnert er sich.

Die Sanierung einer Deponie in Südkorea, auf deren Gründen mittlerweile eine Autobahn zum Flughafen führt, ebnete den Weg für Aufträge in Japan und den USA. Heuer schließt er den weltgrößten Deponierückbau in Sharjah ab. Die Basis für das gut 70-Millionen-Euro-Projekt ist eine gemeinsame Gesellschaft mit Scheich Mohammed Saoud Al Quasimi.

Ebenfalls in den Emiraten betreibt er Anlagen, die täglich rund 14.000 Tonnen Müll sortieren und behandeln. In Tschechien wie Singapur wird unter seiner Führung über Müllvergärung Energie produziert. Und in Kanada lässt er derzeit eine acht Millionen Kubikmeter große Deponie verlegen.

Die Krise sickert auch durch das Deponiegeschäft. Manches Projekt verzögere sich, weil Banken Kredite zurückhielten, sagt Göschl. Bei laufenden Aufträgen müsse er bei Städten und Gemeinden länger auf sein Geld warten. 620 Mitarbeiter beschäftigt er, ihr Umsatz liege bei 50 Mio. Euro. Der Kern der Firmengruppe ist die Seebensteiner Innovation und Technik AG, deren Anteile Göschl sich mit Scheich Saoud teilt. Hürden gab es zuvor genug. Seinen ersten Betrieb musste er an die Vorarlberger Kraftwerke verkaufen. Das Geld wurde knapp, zu rasch sei expandiert worden. Die Vorarlberger legten den Standort still - er nahm neu Anlauf und übernahm seine früheren Mitarbeiter. Seither gehe er alles gezielt und vorsichtig an, meint Göschl. Übernahmeangebote gebe es immer wieder, aber er wolle den Betrieb gern in Familienhand halten. Zwei seiner Kinder arbeiteten mit, auch der Scheich habe Söhne. Die Zusammenarbeit laufe gut.

In Westeuropa engagiert er sich selten. Nicht dass ihn der Rückbau einer Deponie in Wien nicht reizen würde, sagt Göschl. Aber er könne sich mit der Ausschreibungsmentalität in Europa nicht anfreunden. "Ich bin nicht bereit, hunderttausende Euro in eine öffentliche Ausschreibung zu investieren, nur um Zweiter zu sein." Mit dem Geld entwickle er lieber eigene Projekte. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Printausgabe, 4.6.2009)