Die Lage am Arbeitsmarkt ist ernster, als die nackten Zahlen vermuten lassen. Dieser Umstand hat damit zu tun, dass ein Anstieg der Arbeitslosigkeit tendenziell die Unzufriedenheit mit der jeweils amtierenden Regierung schürt. Deshalb wird bei kaum einem anderen Thema seit Jahr und Tag so viel geschummelt - in Zeiten wie diesen, in denen die Arbeitslosenzahlen wegen der Wirtschaftskrise senkrecht in die Höhe zu schießen drohen, erst recht.

Faktum ist, dass im Mai österreichweit 239.777 Personen arbeitslos gemeldet waren. Faktum ist auch, dass im besagten Monat mit 64.000 Personen mehr Menschen denn je zuvor in Schulungen und diversen Kursen steckten. Man könnte auch sagen, sie waren zwischengeparkt: nicht arbeitslos, aber dennoch ohne Job. Und noch dazu mit wenig Aussicht, in absehbarer Zeit einen Arbeitsplatz zu finden, der womöglich auch noch genügend Geld zum Leben abwirft. Faktum ist zu allem Überdruss auch noch, dass Zehntausende in Kurzarbeit sind. Spätestens nach dem Sommer, wenn in vielen Betrieben die Kurzarbeit endet, wird ein Großteil der Betroffenen direkt in die Arbeitslosigkeit fallen.

Doch das alles will man nicht wahrhaben - noch nicht. Die Maßnahmen zur Konjunkturankurbelung greifen, wird behauptet. Dass die Wirtschaft mindestens 2,5 bis 3,0 Prozent pro Jahr wachsen muss, damit die Arbeitslosigkeit wieder zu sinken beginnt, wird wohlweislich verschwiegen. Auch wenn es schmerzt: Mehr Ehrlichkeit wäre angesagt. Dann wüssten die Menschen wenigstens, woran sie sind. (Günther Strobl, DER STANDARD, Printausgabe, 3.6.2009)