Gleich werden sie sich verstört voneinander abwenden: Männerliebe in "Platz der Freundschaft".

Foto: Okto

Ein unerwarteter Kuss - kurzes Gestammel peinlicher Berührtheit - rasche Flucht - nachhaltige Verstörung: Die televisionäre Abbildung erster homosexueller Erfahrungen entspricht einem Initiationsritus: So hat man das schon x-mal gesehen. Die Rostocker Soap Platz der Freundschaft macht keine Ausnahme. Wie es weitergeht, kann man sich ausrechnen. Der Bürgersender Okto zeigt am Mittwoch, 21.00 Uhr, bereits die dritte Staffel.

Was die Abenteuer rund um die Bierdynastie Beckstein dennoch sehenswert macht, ist die Herangehensweise: Die Produzenten Jörg Weinmann und Regisseur Michael Meyer wollten beweisen, dass das Genre TV-Soap mit einfachen Mitteln und ohne Produktionsbudget umgesetzt werden kann. Die Geschichten können mit den Hochglanzsoaps locker mithalten.

Soapwalze

So lässt man sich gerne überzeugen, wie es ausschaut, wenn sich die Soapwalze des Mainstreamfernsehens nicht routinemäßig über ein Set stülpt: Mitspielen dürfen Frauen, auch wenn sie mollig sind. Junge Burschen sind nicht von vornherein romantische Verführer, Beziehungen enden ebenso dramatisch wie in den Hochglanztelenovelas, aber nicht unter Todesandrohungen, sondern weil er plötzlich "keinen Bock" mehr auf sie hat, was womöglich quer durch alle Altersschichten eher der Realität entspricht.

Kameraführung, Schnitt, Beleuchtung und, ja auch das Schauspiel, erinnern an erste Versuche im Filmworkshop der Abschlussklasse und erzeugen eine Privatheit, in die man so dicht gar nie eingebunden sein will. Doch die Geschichten versprechen Lebendigkeit und Abwechslung. Und das Teenagerleben ist ja manchmal wirklich so platt wie die Telenovela. (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 3.6.2009)