Wien - Vor Gewittern hat man in der Luftfahrt Respekt: "Wir versuchen, sie möglichst zu meiden - gar nicht erst hineinzukommen oder zu umfliegen", erklärte Christoph Mair, Präsident der Austrian Cockpit Association (ACA), im APA-Gespräch. Denn es drohen starke Turbulenzen, Blitzschlag, Vereisung und Hagel und damit verbunden Faktoren, die das Fliegen in dieser Ausnahmesituation noch schwieriger gestalten können.

Oft kommt man einem Unwetter aber nicht aus, z. B. im An- und beim Abflug oder wenn Gewitterwolken plötzlich in die Höhe schießen und zu wachsen beginnen. Orientierung bieten im Flieger dann z. B. Wetterradars mit den Farben rot, gelb und grün: "In den roten Bereich fliegt man nicht hinein", erklärte Mair.

Ein Gewitter zu überfliegen, geht in der Regel nicht, darunter muss man u. a. mit Hagel rechnen: "Was unten kirschengroß ankommt, ist oben ein Eisklumpen im Fußballgröße", verdeutlichte der Experte. Durchzufliegen wäre wie eine Fahrt durch eine Betonmauer, Aber auch das Umdrehen ist mit einem großen Luftgefährt nicht so einfach: Man braucht dazu schon eine entsprechend große Kurve und die nötige Zeit.

Kommt man wirklich nicht am Unwetter vorbei, nimmt man sozusagen den Weg des geringsten Übels. Die Möglichkeiten sind limitiert - und alles liegt in den Händen des Piloten. Bei starken Turbulenzen kann sich der Autopilot abschalten, auch der Mensch kann in solchen Situationen nur schwer die zugewiesene Höhe halten. "Es geht hier in erster Linie darum, die Maschine zu fliegen. So lange wir den Flieger am Fliegen halten, so lange leben wir."

Ein Blitzschlag kann zwar den modernen Flugzeugen nur noch selten etwas anhaben, stellt aber trotzdem einen zusätzlichen Risikofaktor dar. Und Vereisungen können z. B. das Strömungsprofil der Flügel beeinflussen. Wird es der Technik zu viel, können sich Systeme auch aus Sicherheitsgründen abschalten und nach einigen Sekunden neu hochfahren - an sich kein großes Problem, aber in einer Situation, in der man ohnehin damit zu kämpfen hat, die Kontrolle zu behalten, wiegt es doppelt schlimm. Auch können in gewittrigen Ausnahmesituationen schnell Konstruktionslimits überschritten werden.

"Die Natur sitzt am längeren Ast - Piloten respektieren sie", sagte Mair. Linienpiloten würden für solche Situationen trainiert; es gebe grundsätzlich auch wenig Unfälle aufgrund von Gewittern - "eben, weil wir sie vermeiden." Zu Abstürzen führt vermutlich eher eine Verkettung verschiedener Faktoren. Als Passagier kann man übrigens bei Gewittern nicht viel tun - am besten für die eigene Sicherheit angeschnallt sitzen bleiben. (APA)