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Der kurdische Präsident Massud Barzani (rechts) und der irakische President Jalal Talabani (links) eröffnen die Pipeline.

Foto: APA/EPA/Hamed

In einem als historisch gefeierten Schritt ist in dieser Woche eine neue Ölpipeline aus dem kurdischen Nordirak an den türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan angeschlossen worden. Diese Pipeline ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Erstens ist es der kurdischen Autonomieregierung im Nordirak erstmals gelungen, in eigener Regie Öl zu exportieren und zweitens ist die Türkei dabei nicht nur als Transitland involviert, sondern ein türkischer Energiekonzern, Genel Enerji, ist neben einem kanadischen und norwegischen Unternehmen, auch an der Ausbeutung der beiden Ölfelder, aus denen die Pipeline beschickt wird, beteiligt.

Nach jahrelangem Widerstand hat die irakische Zentralregierung angesichts ihrer Haushaltsprobleme wegen der gefallenen Ölpreise jetzt zugestimmt, dass die Nordirakischen Kurden ihr Öl in Eigenregie auf den Weltmarkt transportieren dürfen, wenn sie einen bestimmten Anteil an die Zentrale abführen. Für die Kurden ist dies ein Durchbruch, der die Zukunft der Region und der Autonomieregierung stabilisieren und ökonomisch absichern soll. Mit großer Begeisterung wurde deshalb die Öffnung der Pipeline sowohl vom Chef der kurdischen Regionalregierung, Massud Barsani, wie auch vom irakischen Staatspräsidenten, dem Kurden Jalal Talabani, gefeiert. "Damit wird der Grundstein für eine bessere Zukunft gelegt" , kündigte Barsani stolz an.

Bessere Beziehungen

Die Pipeline ist aber nicht nur ein ökonomischer Durchbruch für die Kurden im Nordirak. Mit der Beteiligung des türkischen Konzerns Genel Enerji vertiefen sich auch die Beziehungen zu dem großen Nachbarn im Norden. Die Türkei hatte lange darauf gesetzt einen kurdischen Staat im Nordirak oder auch nur eine autonome kurdische Provinz möglichst zu verhindern, weil man in Ankara befürchtete, dass dadurch die separatistischen Bestrebungen der eigenen kurdischen Minderheit neue Nahrung bekommen würden. Deshalb vermied die türkische Regierung lange jeden direkten Kontakt mit den Kurden im Nordirak. Dies hat sich jetzt völlig verändert.

Aus der Feindschaft ist ein Zweckbündnis geworden. Die Regionalregierung im Nordirak unterstützt mittlerweile den Kampf gegen die separatistische PKK und im Gegenzug erkennt Ankara die kurdische Regierung zu mindestens indirekt an und setzt auf Wandel durch Handel. "Die Türkei" , sagte der kurdische Ölminister Ashti Hawrami, "ist jetzt unser ökonomischer Partner. Wir beginnen nun eine neue Ära der Freundschaft und Kooperation.

Dabei ist die jetzt geöffnete Pipeline zunächst nur ein erster Schritt. Die 60.000 Barrel die nach Ceyhan gepumpt werden sind nur der Anfang. Schon bald soll es aus den beiden Ölfeldern Tak Tak und Tawke die doppelte Menge sein. Auf der Basis eines Ölpreises von 50 Dollar sollen bald täglich fünf Millionen Dollar Ertrag erzielt werden. Nachdem den Kurden dies gelungen ist, dürfte auch die Erschließung eines großes Gasfeldes, an dem die OMV beteiligt ist und aus dem die geplante Nabucco Pipeline mit gefüllt werden soll, leichter zu realisieren sein.

Die kurdische PKK hat indes die Fortsetzung einer einseitigen Waffenruhe bis 15. Juni verkündet, um eine "Regelung der kurdischen Frage mit demokratischen Mitteln" zu ermöglichen. (Jürgen Gottschlich aus Istanbul/DER STANDARD, Printausgabe, 3.6.2009)