Bild nicht mehr verfügbar.

Die ÖVP äußert sich zwar kritisch zu Martin Graf - eine Abwahl des Dritten Nationalratspräsidenten will sie jedoch nicht ermöglichen.

Foto: apa/fohringer

VP-Klubobmann Karl Heinz Kopf sagt über Babara Prammers Vorschlag, eine Gesetzesänderung durchzusetzen, die eine Abwahl Martin Grafs ermöglichen könnte: "Das riecht stark nach Anlassgesetzgebung, nach Revanche, das ist nicht mein Zugang zu solchen grundsätzlichen Fragen." Es habe einen guten Grund, warum Ämter wie das des Bundespräsidenten oder des Nationalratspräsidenten vor einer Abwahl geschützt sind, so Kopf im Ö1 Morgenjournal.

"Graf strapaziert tatsächlich den Parlamentarismus in einem Maße, das unerträglich ist, aber das fällt in die Kategorie politische Verantwortung der einzelnen Parteien", so Kopf. Er forderte jedoch die anderen Parteien auf „diese Themen nicht so emotionalisiert hochzuspielen, sie helfen damit nur der FPÖ".

Kopf übte im Parlament auch Kritik an Muzicant, der schon einmal den damaligen Innenminister Günther Platter (ÖVP) mit dem NS-Kriegsverbrecher Adolf Eichmann verglichen habe. Auch der Vergleich von FP-Generalsekretär Herbert Kickl mit NS-Propagandaminister Joseph Göbbels durch Muzicant wurde vom VP-Klubchef zurückgewiesen. Schlimmer fand es Kopf trotzdem, dass Graf als Dritter Präsident des Hauses mit gleicher Münze zurückschlage. Er erwarte sich weiter eine Erklärung des Bedauerns.

Auch Pröll gegen Änderung der Geschäftsordnung

Auch Parteichef und Vizekanzler Josef Pröll äußerte sich gestern Mittwoch gegen Prammers Vorschlag. Dieser Vorschlag sei "nicht ausgereift". Es sei kein Platz für "kurzfristige Anlassgesetzgebung". Gleichzeitig verurteilte Pröll die Aussagen des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, die Auslöser für Prammers Überlegungen waren, erneut. "Derartige Provokationen haben offenbar System. Ich halte das für verantwortungslos und gefährlich".

Seine Partei sehe den Vorschlag Prammers dennoch "sehr kritisch". Die bestehenden Regeln seien "wohl durchdacht und sollten nach Auffassung der ÖVP weiter gelten". Eine freie Abwählbarkeit des Nationalratspräsidiums würde im Missbrauchsfall "eine Gefährdung des Parlaments und der Demokratie" bedeuten, so Pröll. Außerdem wäre der Vorschlag zum Nachteil für Präsidenten, die von kleinen Fraktionen gestellt werden.

Abwahl unwahrscheinlich

Martin Graf wird also höchstwahrscheinlich Dritter Nationalratspräsident bleiben. Für eine Zweidrittelmehrheit, die eine entsprechende Änderung der Geschäftsordnung ermöglichen könnte, würden die Stimmen der ÖVP-Abgeordneten benötigt. Nach jetzigem Stand würden einzig die Grünen und die SPÖ zustimmen. Die nötige Zweidrittelmehrheit käme somit nicht zustande.

Prammer begrüßt Vorschlag

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) hat die Wortmeldung des ÖVP-Abgeordnetem Ferdinand Maier, der am Donnerstag gemeint hatte, Prammer habe es ja in der Hand, dass der Dritte Präsident Martin Graf (FPÖ) keinen Vorsitz mehr führt, begrüßt. "Ich kann dazu nur sagen, dass ich den Vorschlag für überlegenswert halte und ich bin diesbezüglich auch in Gesprächen mit der ÖVP", sagte Prammer am Donnerstagabend gegenüber der APA.

Erwogen wird eine Regelung, wonach Graf zwar weiter Nationalratspräsident bleibt, aber keinen Vorsitz mehr im Plenum führen soll. Eine derartige Vorgangsweise gehe aber nicht ohne den Zweiten Präsidenten Fritz Neugebauer (ÖVP), betonte Prammer.

Angesprochen darauf, dass sie die Entscheidung auch alleine treffen könnte, sagte Prammer, dies stimme zwar, aber sie könne die Vorsitzführung nicht zwölf Stunden lang alleine führen. Die Gespräche mit der ÖVP seien jedenfalls "im Fluss".

Verfassungsrechtler uneins

Verfassungsrechtler sind uneins, was die - aufgrund der Causa Graf nun diskutierten - Einräumung einer Abberufungsmöglichkeit von Nationalratspräsidenten betrifft. So glaubt Heinz Mayer nicht, "dass man das normalerweise braucht", sagte er am Donnerstag im Gespräch mit der APA. "Man sollte sich vorher überlegen, wen man wählt." Mayers Kollege Theodor Öhlinger sieht hingegen sehr wohl die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung: "Ich glaube, dass in einer Demokratie jeder Amtsträger verantwortlich gemacht werden soll."

Sollte es tatsächlich zur Möglichkeit der Abberufung von Nationalratspräsidenten kommen, plädieren beide Verfassungsrechtler für eine "qualifizierte Mehrheit", mit der dies geschehen soll. So kann sich Mayer sogar - anstelle der üblicheren zwei Drittel der Abgeordneten - ein dafür notwendiges Dreiviertelvotum vorstellen. Und auch Öhlinger sieht bei einer solch sensiblen Materie zumindest zwei Drittel der Stimmen für eine Abberufung angebracht. (apa/red/derStandard.at, 28. Mai 2009)