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Zur Person

Cristian Diaconescu (49) ist seit 2005 Vize-Chef der Sozialdemokraten (PSD). Der Jurist ist verheiratet und hat ein Kind.

Foto: AP /Vadim Ghirda

Der neue rumänische Außenminister Cristian Diaconescu findet die Haltung der moldauischen Führung nicht normal, will aber im Gespräch mit Adelheid Wölfl nicht verraten, wie viele Staatsbürgerschaften an Moldauer verliehen werden.

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STANDARD: Bei der vergangenen EU-Wahl gingen in Rumänien nur 28 Prozent der Wahlberechtigten wählen. Gibt es überhaupt noch Europäer?

Diaconescu: Wir haben keinerlei antieuropäische Bewegungen in Rumänien, weder in der Zivilgesellschaft noch im politischen Establishment. Wir erwarten, dass etwa 31 bis 32 Prozent zur Wahl gehen. Die Anzahl ist ziemlich gering, weil es eine gewisse Frustration über das inländische politische Establishment gibt, aber nicht über die Beziehung mit Europa.

STANDARD: Sie glauben also, die Regierung wird abgestraft? Bukarest droht ja ein Verfahren der EU-Kommission wegen des Budgetdefizits.

Diaconescu: Nein. Es war nicht diese Regierung, die das Defizit gemacht hat. Und wir erwarten keine großen sozialen Unruhen.

STANDARD: In Europa haben Nationalisten Zulauf. Erwarten Sie eine noch tiefere politische Krise der EU?

Diaconescu: Nationalismus und Populismus werden zunehmen. Wir sehen einen Trend von einigen Politikern, Schwierigkeiten in der Finanzkrise aufzugreifen und Sündenböcke dafür zu suchen. Ausländer sind da auf der Spitze der Agenda. Wenn da ein hohes Ausmaß an Spannung erreicht ist, müssen wir darauf reagieren, unabhängig davon, dass wir gerade in einem Wahlkampf stecken. Denn wenn unsere Erinnerung stimmt, dann gab es in der Geschichte Populisten, die versuchten aus der Krise Nutzen zu ziehen. Und schauen Sie, was dann passiert ist!

STANDARD: Chisinau hat den rumänischen Botschafter des Landes verwiesen. Wie sind jetzt die Beziehungen zur Republik Moldau?

Diaconescu: Wir waren leider mit einer ziemlich merkwürdigen Haltung der Führung in Chisinau konfrontiert. Sie haben den rumänischen Botschafter des Landes verwiesen und eine zweite Nominierung eines Botschafters zurückgewiesen. Ich glaube nicht, dass das normal ist. Auf der einen Seite wollen sie Zuwendung von der EU, wie freien Personenverkehr, auf der anderen Seite sind sie nicht bereit, EU-Standards zu schaffen.

STANDARD: Angeblich haben 650.000 Moldauer um die rumänische Staatsbürgerschaft angesucht. Wie viele werden sie bekommen?

Diaconescu: Wir wissen es nicht. Jedenfalls weniger als in anderen europäischen Ländern, die auch ein Gesetz haben, wonach jenen Staatsbürgerschaften gewährt werden, die aufgrund von historischer Situationen benachteiligt wurden. Seit 1991 wurden in Rumänien 100.000 Personen - nicht alle Moldauer - eingebürgert. Aber wir reden zu viel über dieses Gesetz.

STANDARD: Unterstützen Sie einen Beitritt der Türkei zur EU?

Diaconescu: Kategorisch ja. Und das wird ein kompliziertes, aber sehr notwendiges Projekt für die EU.  (DER STANDARD, Printausgabe, 18.5.2009)