"Reputation und Ansehen Österreichs ist etwas, das übergeordnetes Interesse hat", sprach der Bundeskanzler.

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CERN: Was es kostet - und wer zahlt

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Wissenschaftsminister Johannes Hahn blieb am Montagnachmittag nichts anderes übrig, als die Entscheidung des Bundeskanzlers hinzunehmen: "Als Demokrat" sei er einverstanden, dass Österreich auf Geheiß des Bundeskanzlers als Mitglied im Cern verbleiben wird.

Der Kanzler hatte Hahns Entschluss, mit Jahresende 2010 Österreichs Cern-Mitgliedschaft zu beenden, gekippt und die Diskussion für beendet erklärt. Hahn blieb nichts anderes übrig, als dasselbe zu tun: "Die Diskussion ist beendet, es hat keinen Sinn, da tage- und wochenlang herumzunudeln", sagte der Minister.

Seine persönliche Niederlage nehme er nicht tragisch, für die Forschungspolitik habe sie aber klare Konsequenzen: Zwischen 2011 und 2013 wären insgesamt 60 Millionen Euro an Forschungsgeldern freigeworden, die für Projekte in Österreich und der EU eingesetzt worden wären.

Jetzt gehe es vor allem darum, dass die weiter an das Cern zu zahlenden Beiträge sachgerecht, also für die Forschung verwendet würden. Hahn verwies auf die veralteten Strukturen der Cern-Verwaltung und auf die Pensionsverträge, die die Mitarbeiter hätten: "Es kann nicht unser Ziel sein, dass unsere Forschungsgelder in Pensionszahlungen gehen."

Faymann sagte, er übernehme die Verantwortung für die Entscheidung, bei Cern Mitglied zu bleiben. Er habe "Verständnis, dass Aufgaben, durchaus auch Mitgliedschaften von den verantwortlichen Ministern zu überprüfen sind. Ich habe aber klargemacht, dass ich gegen den Austritt bin."

Das österreichische Cern-Engagement sei angesichts der dort erzielten Fortschritte sogar zu verstärken, in diesem Punkt könne sich Hahn voll auf die Unterstützung der Regierung verlassen.

Dies ist in der Verfassung allerdings nicht vorgesehen: Anders als in Deutschland, wo es für den Bundeskanzler (beziehungsweise die Bundeskanzlerin) eine Richtlinienkompetenz gibt, kann der österreichische Kanzler seinen Ministern keine Weisungen erteilen. Allerdings brauchen Ministerratsbeschlüsse in Österreich Einstimmigkeit - wenn sich ein einzelner Minister querlegt, kann er entlassen werden oder freiwillig zurücktreten, wie das etwa 1969 der damalige Unterrichtsminister Theodor Piffl-Percevic getan hat.

Faymann hatte zu den Beratungen auch Unterrichtsministerin Claudia Schmied hinzugezogen, die im Konflikt mit den Lehrern ebenfalls einen Rückzieher gemacht hatte und im Amt verbleiben konnte. Der Wiener ÖVP-Politiker Hahn aber hatte nicht nur den Regierungspartner und die Betroffenen als Gegner, sondern auch seinen Kollegen als VP-Landeschef, den Niederösterreicher Erwin Pröll. Pröll hatte befürchtet, dass ein Cern-Austritt das geplante Projekt MedAustron in Wiener Neustadt gefährden könnte und den Parteifreund Hahn heftig kritisiert.

Dieses Krebsforschungs- und Behandlungsprojekt sei die "Hoffnung für tausende Patienten, die dort einmal behandelt werden können", sagte der Landeshauptmann, der die Verhinderung des Cern-Austritts als "gemeinsames Durchsetzen niederösterreichischer Anliegen" mit dem Bundeskanzler kommunizierte. Gegen einen Cern-Austritt hatten sich tausende Wissenschafter ebenso wie BZÖ und Grüne ausgesprochen. (Peter Illetschko, Conrad Seidl/DER STANDARD, Printausgabe, 19. 5. 2009)