Im Schein der Discokugel: I Am Cereals produzieren auf ihrem Debütalbum einen Bastard aus Synthie-Pop, Funk und Dance-Rock. Livepräsentation ist am Montag im Ost-Klub.

Foto: Martin Butala

Wien - Möglicherweise ist zurzeit irgendetwas im Trinkwasser. Eine Substanz, die in dieser Konzentration sonst nur in Großbritannien oder den USA auftritt. Jedenfalls war die Dichte außergewöhnlicher heimischer Popveröffentlichungen lange nicht so augenfällig wie in letzter Zeit. Zu tollen Arbeiten von Clara Luzia (sogar Ö3 hat nun ein Einsehen und spielt die Gute!), Sir Tralala, Naked Lunch, Laokoongruppe, Metalycée, Kreisky, Das Trojanische Pferd, um nur einige zu nennen, kommt nun noch eine dazu: das Debütalbum von I Am Cereals.

Das Sextett, aus dem zumindest der Singer-Songwriter Ben Martin sowie Gerald Huber von den Stimm- und Zwerchfellakrobaten Bauchklang bereits einschlägig auffällig geworden sind, versucht sich an der Königsdisziplin, dem perfekten Popsong. Daran haben sich schon viele die Zähne ausgebissen, der Sechser nimmt diese Aufgabe aber mit Leichtigkeit, die dabei zutage tretende stilistische Vielfalt, die spürbare Spiellaune, sind gleichermaßen erstaunlich wie überzeugend.

Dafür bedienen sich I Am Cereals - wie kommt man auf so einen Namen? - bei der Vergangenheit, insbesondere den 1980ern, und überführen Spurenelemente davon souverän ins Jetzt. Hier angekommen, wird der Überschwang, das zarte Schmalz, der süße Schmelz von Säulenheiligen wie etwa ABC (The Look Of Love!) neu justiert. Einerseits.

Andererseits verständigt man sich auch über ausgewiesene Qualitätsbringer, die in jüngerer Zeit an den Schnittmengen von tanzbarer Rockmusik, New Wave und Pop für Aufregung gesorgt haben. Von Beck über Shawn Lee bis zu Friendly Fires reicht da der Referenzrahmen, den die Band etwa im Song 150 Percent Of Depression noch um angestochene Bläsersätze erweitert. Dazu frickelt die Elektronik, es flirren die Gitarren, das Schlagzeug spielt Disco und aus den Keyboards brummt und groovt es. Zu den weiteren 1980er-Heimsuchungen zählt auch jene, bei der man einen tiefen Diener vor Prince macht.

Diesbezüglich eindeutige Songs wie Loosen The Grip oder You Say You're Not Yourself bestechen mit suprigem Falsettgesang, Abteilung Angst in der Hose, auch der abgebremste Funk aus Keyboard und Wummer-Bass klingt sehr überzeugend. Das bringt ein Justin Timberlake auch nicht besser. Cool und heiß zugleich.

Achterbahnfahrt

Derlei Verehrungsbezeugungen untergraben dabei aber nicht die Originalität der Band. Verwegene Sounds, elektrischer Firlefanz oder auch akustische Gitarren besorgen nicht nur erwähnte Vielfalt. Es fallen dabei auch potenzielle Hits wie Human Vocoder oder das an Zoot Woman erinnernde Two Faces ab. In Serie gesetzt ergibt das eine aufregende Achterbahnfahrt, in Summe ein spektakuläres Popalbum, das am Freitag, 8.5., erscheint. Am kommenden Montag präsentieren I Am Cereals das Werk  live. (Karl Fluch / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.5.2009)