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Das absolute Gehör ist nicht angeboren: Perfektion ist durch Übung erreichbar.

Foto: REUTERS/Eric Gaillard

San Diego - Etwa einer von 10.000 europäischstämmigen Menschen verfügt über das "absolute Gehör", also die Fähigkeit einen beliebigen Ton exakt zu identifizieren. Dass dies keine angeborene oder zufällige Gabe sein dürfte, zeigt bereits der Umstand, dass die Quote unter blinden Menschen, aber auch unter solchen, die schon vor dem fünften Jahr eine intensive musikalische Erziehung genossen haben, etwas höher ist.

Eher dürfte es sich überwiegend um eine erlernte Fähigkeit handeln - und die Muttersprache kann dabei eine entscheidende Rolle spielen, wie der "New Scientist" berichtet. Die Psychologin Diana Deutsch von der University of California in San Diego befasst sich mit dem Phänomen, dass Menschen mit einer tonalen Muttersprache - etwa Hochchinesisch bzw. Mandarin, Kantonesisch oder Vietnamesisch - diesbezüglich einen Vorteil zu haben scheinen. "Meiner Erfahrung nach betrachten Musiker in China absolutes Gehör nicht als etwas Bemerkenswertes, weil es so verbreitet ist", so Deutsch. In tonalen Sprachen kann eine Änderung der Tonhöhe oder des Tonverlaufs eine Bedeutungsveränderung anzeigen - was in indoeuropäischen Sprachen nur in vergleichsweise rudimentärer Form der Fall ist, zum Beispiel im Schwedischen.

Mit einem Experiment ging Deutsch an die Klärung, ob es sich wirlich um einen sprachbasierten Effekt handelt, oder ob ethnische und damit genetische Faktoren die entscheidende Rolle spielen. Dafür testete sie mit ihrem Team 203 Musikstudenten - einige davon chinesischer oder vietnamesischer Herkunft, die die Sprache ihrer Eltern unterschiedlich gut beherrschten. Es galt, alle 36 Noten aus drei Oktaven, die in Zufallsanordnung vorgespielt wurden, zu identifizieren. Und das Ergebnis war eindeutig: Asiatische Studenten, die ihre Muttersprache nicht flüssig beherrschten, schnitten nicht besser ab als europäischstämmige - während diejenigen, die ihre Muttersprache perfekt beherrschten, eine Trefferquote von etwa 90 Prozent erzielten. (red)