Einblick in seine Arbeit gab der Salzburger Sigi Lützow und Michael Mösender.

Standard: Hat Walter Mayers Enthaftung Einfluss auf Ihre Arbeit?
Andreas Holzer: Nein, Mayer ist ja nur eine Causa von vielen. 

Standard: Waren Sie überrascht?
Holzer: Es war eine Entscheidung des Oberlandesgerichts, die zu akzeptieren ist. Eine Haftverlängerung wurde als unverhältnismäßig angesehen.

Standard: Wie sportaffin sind Sie?
Holzer: Ich bin Hobbysportler, ich komme aber nicht aus dem Sportbereich. Ich bin weder Funktionär gewesen, noch war oder bin ich selbst Leistungssportler.

Standard: Sie kommen aus dem Suchgiftbereich. Trifft das auf Ihre zehn Soko-Mitarbeiter auch zu?
Holzer: Ja, aber nicht, weil Suchtgiftsachbearbeiter besser sind als andere, sondern ich habe mir die Leute geholt, die ich kenne, die wissen, wie das Geschäft geht.

Standard: Gibt es Ermittler mit Spitzensporterfahrung?
Holzer: Ein Mitarbeiter ist dabei, nicht aus dem Spitzensport, aber aus dem Hochleistungssport. Er ist Finisher des Race Across America. Er weiß, was alles ohne Doping geht und wo der Körper seine Grenzen hat.

Standard: Die Soko Doping ist eine relativ große Einheit.
Holzer: Nicht größer als andere Sonderkommissionen. Die Ermittlungen haben eine gewisse Dimension erreicht und sind aufwändig, sie stellen sich überregional und international dar. Das erfordert eine gewisse Logistik. Die Ausstattung reicht aber aus, um das abzudecken. Auch wir müssen uns nach der Decke strecken.

Standard: Welche Ermittlungsmethoden stehen zur Verfügung?
Holzer: Wir schöpfen alles an kriminalistischen Möglichkeiten aus, was aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen möglich ist. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht können hier über Ersuchen der Kriminalpolizei verschiedene Maßnahmen anordnen. In einigen Fällen gibt es auch einen Konnex zur organisierten Kriminalität, auch im Dopinghandel existiert so etwas wie eine Struktur. Es gibt klare Aufteilungen, dass etwa jemand Kuriere aus dem Ausland nach Österreich schickt, dass Präparate containerweise angeliefert werden, dass es in Österreich eine Verteilerebene gibt.

Standard: Wie bei der Mafia?
Holzer: Nein, es gibt keinen Capo dei Capi wie bei der Mafia. Das ist zumindest hier ein Mythos. Aber es gibt doch einzelne Gruppen, die Dopinghandel organisieren.

Standard: Muss man in dieser Sache die Bereiche Spitzen- und Breitensport trennen? Wo liegt das größere Problem?
Holzer: Gesundheitspolitisch ist vermutlich der Breitensport das größere Problem. Im Spitzensportbereich sind die Folgen jetzt wohl noch nicht absehbar.

Standard: Im Breitensport gibt es gleichsam Verbrechen ohne Opfer. Beim Doping im Spitzensport könnte man argumentieren, dass es sich um Betrug handelt.
Holzer: Bei Betrug ist nach dem Strafgesetz das Täuschen über Tatsachen gefordert. Es erfordert auch einen Vermögensschaden und dass sich jemand unrechtmäßig bereichert. Was gedopte Sportler anbelangt, ist das juristisch abzuklären. Jedenfalls ist das Dopen durch Sportler nicht nach dem Anti-Doping-Bundesgesetz strafbar. Auf dieser Grundlage arbeiten wir.

Standard: Gibt es gedopte Sportler, von denen Sie wissen, dass sie ihren Sport ausüben, deren Namen Sie aber mangels rechtlicher Grundlage nicht nennen können?
Holzer: Wir haben natürlich Ermittlungsergebnisse, in denen Sportler vorkommen. Ob diese auch aktuell gedopt sind, kann ich nicht sagen. Ich weiß auch nicht, ob sie tatsächlich starten. Wenn Sie den Informationsaustausch mit der nationalen Anti-Doping-Agentur ansprechen, kann ich nur sagen, dass es derzeit dafür keine Möglichkeit gibt. Auch die Staatsanwaltschaft sieht das so. Würde ich Informationen weitergeben, würde ich ein Amtsdelikt begehen.

Standard: Wie weit sind Sie mit Ihren Ermittlungen?
Holzer: Die Soko ist zu Ende, wenn die bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Verfahren abgeschlossen sind und von dort keine Ermittlungsanordnungen mehr gestellt werden. Derzeit arbeiten wir immer noch auf Hochtouren, weil sich Beschuldigte in Untersuchungshaft befinden. Die Untersuchungshaft soll nicht deshalb zu lange dauern, weil die Polizei langsam arbeitet.

Standard: Wie kompliziert sind diese Ermittlungen wirklich?
Holzer: Im Grunde nicht komplizierter als andere Ermittlungen. Die gesetzliche Grundlage ist halt neu, die Beamten mussten sich damit vertraut machen. Es sind einige Causen dabei, die die Öffentlichkeit mehr interessieren, das gehört dazu. Der Komplex Breitensport ist komplizierter, weil da eine Vielzahl von Befragungen, etwa von Konsumenten, notwendig ist. Für uns ist aber jeder Fall gleich wichtig.

Standard: Werden in Ihrer Arbeit Grundlagen gelegt?
Holzer: Klar, das Anti-Doping-Gesetz ist ja relativ neu, und es hat auf dieser Grundlage bislang keine umfassenden Ermittlungen gegeben. Wenn die Soko zu Ende ist, wird die Arbeit evaluiert und die Erkenntnisse daraus der damit befassten Linienorganisation zur Verfügung gestellt. Derzeit ist im Bundeskriminalamt das Referat für Umweltkriminalität zuständig.

Standard: Gibt es neue Ermittlungsansätze für die Zukunft? Vielleicht über unglaubwürdige Leistungen?
Holzer: Es gibt sicher Indizien dafür, dass gedopt wird. Aber wir brauchen Handfesteres. In der Suchtmittelbekämpfung gibt es in den Bereichen der Vorläuferstoffe Frühwarnsysteme. Wäre auch im Dopingbereich eine Denkvariante.

Standard: Wie viele Verhaftungen gab es insgesamt? Was wird von Ihren Ermittlungen übrigbleiben?
Holzer: Es gab insgesamt 15 Verhaftungen. Ich weiß nicht, wie viele Strafanträge es aufgrund unserer Ermittlungen geben wird. Das liegt bei der Staatsanwaltschaft, die auch auf Hochtouren arbeitet.

(DER STANDARD Printausgabe,