US-Botschafter in Wien William L. Lyons Brown

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Wien - Die USA erwarten von Österreich in der Irak-Krise "jede mögliche Unterstützung", die seine Verfassung zulässt. Das unterstrich der amerikanische Botschafter in Wien, William L. Lyons Brown, in einem am Freitag im Nachrichtenmagazin "Format" erschienenen Interview. "Es ist klar, dass sich Österreich nicht militärisch beteiligen kann. Aber ich hoffe, dass uns die Regierung unter Hinblick auf die Gesetze und die österreichische Verfassung jede mögliche Unterstützung gibt", zitiert das Blatt den US-Diplomaten.

Zu der Erklärung von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V), dass Österreich den USA ohne neues UNO-Mandat sicher keine Überflüge genehmigen werde, bemerkte Botschafter Lyons Brown: "Das muss Österreich selbst entscheiden. Immerhin hatten wir ja schon 17 Resolutionen, aus denen Folgendes hervorgeht: Wenn der Irak nicht freiwillig abrüstet, kann er mit Gewalt dazu gezwungen werden. Und er hat nicht abgerüstet."

"Ich habe an Ferrero-Waldners Aussagen allerdings überraschend gefunden, dass sie sich gegen Präventivmaßnahmen ausspricht. Der ganze Krieg gegen den Terrorismus, den Österreich unterstützt, ist ja eine Präventivmaßnahme. Und Prävention ist auch nichts völlig Neues für die USA - man denke nur an die Kuba-Krise. Ich weiß nicht, ob die Frau Außenminister das zu schnell oder undurchdacht gesagt hat, aber es hat mich überrascht", sagte der US-Botschafter.

"Wir haben auch Verständnis für die österreichische Situation als neutraler Staat", erklärte Lyons Brown, der nach eigenen Worten "eine sehr hohe Meinung" von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) hat. Präsident George W. Bush habe aufgezeigt, wer eine "ambivalente Position" einnehme, helfe klarerweise den Terroristen. "Aber Österreich hat uns dabei von Anfang an voll unterstützt - etwa im Bereich des Innenministeriums oder durch die Entsendung von Friedenstruppen nach Afghanistan", hob Brown hervor. Auch habe sich die österreichische Bundesregierung immer dafür ausgesprochen, den irakischen Staatschef Saddam Hussein zu entwaffnen.

"Neues" Europa schaue in die Zukunft

Der Botschafter sieht "noch eine kleine Chance, einen Krieg zu verhindern: Wenn Saddam Hussein die strategische Entscheidung zur Entwaffnung trifft. Durch die Spaltung im UN-Sicherheitsrat ist das leider schwieriger geworden."

Zu der von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld getroffenen Unterscheidung zwischen dem "alten" und dem "neuen" Europa meint der Botschafter: "Sowohl die USA als auch Europa haben in den letzten Jahrzehnten von der transatlantischen Allianz profitiert. Die große Mehrheit der europäischen Staaten will, dass das so bleibt - das 'neue' Europa ist also eines, das in die Zukunft blickt, um Frieden und Demokratisierung zu unterstützen, und das 'alte' Europa schaut mehr in die Vergangenheit. In diesem Sinne sieht Rumsfeld Österreich wohl im 'neuen' Europa.

Angesprochen auf einen möglicherweise virulenten Antiamerikanismus und Umfrageergebnisse, nach denen sechzig Prozent der Österreicher keine gute Meinung von den USA haben, sagte der Diplomat: "Aber ich sehe immer Menschen, die Bluejeans tragen und unsere Musik hören. Wenn die eine schlechte Meinung haben, rührt das vielleicht vom Pazifismus her. Dafür habe ich durchaus Verständnis, vor allem, weil Europa durch furchtbare Kriege gegangen ist. Man muss aber an eines denken: Wenn niemand etwas getan hätte, um Situationen wie im Jahr 1938 zu verhindern, wäre es heute möglicherweise nicht so leicht, Pazifist zu sein." (APA)