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Eine Organspende verändert oft das Lebensgefühl von betroffenen Empfängern - der Umgang mit Lebendspenden ist meist einfacher

Foto: APA/EPA/Farnk May

Franz Vranitzky spendete seiner Frau eine, Niki Lauda bekam eine von seiner Freundin. Rund 900 Menschen warten in Österreich derzeit noch auf eine Niere. Die Wartezeit auf eine Leichennierenspende liegt in Österreich bei zwei bis drei Jahren - für die Patienten eine Zeit des zermürbenden Wartens an der Hämodialyse. Die Blutreinigung an der Maschine bedeutet für sie eine Reduktion der Arbeitsfähigkeit, eine strenge Diät und überhaupt eine massive Einschränkung der Lebensqualität. Trotz der relativ guten Situation durch die Widerspruchregelung in Österreich, gibt es einen Mangel an Nieren von Verstorbenen. Haben die Betroffenen das Glück die Niere eines Lebendspenders zu bekommen, werden ihnen bange Jahre des Wartens erspart.

Vorteile der Lebensspende

Die Erfolgquote bei Lebendspenden liegt zudem bis zu doppelt so hoch als bei transplantierten Organen von Verstorben. "Bei der Leichennierenspende kommt es im Rahmen des Sterbeprozesses zur Aktivierung von Botenstoffen, die einen Schädigungsprozess in der Spenderniere aktivieren können. Weiters wird das Organ nach der Entnahme mit einer Nährlösung auf +4° abgekühlt und oft erst 24 bis 36 Stunden später nach einem weiteren Transport in eine andere Klinik wieder implantiert", erklärt Herwig Holzer, von der Klinischen Abteilung für Nephrologie und Hämodialyse am LKH Graz die Prozedur bei der Organentnahme bei Hirntoten.

Bei einer Lebendspende könne hingegen unter besten Bedingungen das Organ entnommen werden und sofort am nächsten Operationstisch wieder implantiert werden, sodass praktisch keine Gewebeschädigung entsteht, die später im Empfänger eine Abstoßungsreaktion auslösen könnte. Der wesentliche Vorteil für den Organempfänger liegt also in der raschen Verfügbarkeit und der guten Planbarkeit des Transplantationszeitpunktes. Dabei gilt: je näher die Blutsverwandtschaft, desto besser das Resultat.

Wer spenden kann

Prinzipiell kann jeder gesunde Mensch nach entsprechender Vorbereitung eine Niere spenden. "Im Allgemeinen wird man dies nur für enge Blutsverwandte empfehlen wie Eltern, Kinder oder Geschwister. Andererseits ist aber dank moderner Medikamente, die die Abstoßungsreaktion unterdrücken können, auch eine Transplantation ohne Gewebeübereinstimmung, also zum Beispiel zwischen Ehepartnern möglich", weiß Holzer.

Denn auch Nierenspenden von nicht blutsverwandten Lebenspartnern weisen eine hohe Erfolgsquote auf. Heute funktionieren rund 90 Prozent der Partnerspenden. Das Risiko für den Spender entspricht dem allgemeinen Risiko bei Operationen. Eine amerikanische Studie nennt fünf Todesfälle auf 19.368 Lebendspenden. Nach der Organentnahme muss der Spender allerdings mit vier bis sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit rechnen. "Langfristig besteht lediglich ein gering erhöhtes Risiko für Bluthochdruck", so Holzer. Die Angst die verbleibende Niere durch einen Unfall oder einen Tumor zu verlieren sei außerdem unbegründet, weil extrem unwahrscheinlich.

Fortschritte ohne Blutgruppenübereinstimmung

Auch bei nicht identen Blutgruppen von Spender und Empfänger gibt es Erfolg zu verbuchen. Erstmals vor 15 Jahren wurde in Japan die AB0-inkompatible Form der Organ-Verpflanzung durchgeführt. Auch im Allgemeinen Krankenhaus Wien wurden bislang drei solche Transplantationen erfolgreich durchgeführt, so Holzer. Das Prinzip erklärt er so: "Mit aufwändigen Adsorber-Techniken können die Blutgruppenantikörper aus dem Blutkreislauf mit einer Dialyse vor und nach der Transplantation herausgewaschen werden." Die Technik sei allerdings teuer.

Psychische Verbundenheit

Erfahrungsgemäß bestehe die höchste Motivation für Lebendspenden bei Eltern. Die Spende für einen Lebenspartner setze hingegen eine starke und stabile Beziehung voraus. Ein wichtiger Satz steht dazu in der Information über die Lebendnierenspende für Nierenpatienten und ihre Angehörigen vom LKH Graz: "Selbstverständlich soll die Spende freiwillig sein und ausschließlich von Liebe, starkem Familienzusammenhalt oder Freundschaft ausgehen." Eine wesentliche Information, denn nicht immer ist der Umgang mit dem Thema in Familie und Beziehung einfach. "Die Seelenverwandtschaft zwischen Organspender und -empfänger ist aber ein wesentlicher Vorteil gegenüber der anonymen Leichennierenspende", meint Holzer zum psychischen Aspekt.

Gefahr der Abstoßung

Mit dem Risko, dass der Körper das Transplantat stark abstößt, muss aber jeder Nierenempfänger rechnen. "Dank des kombinierten Einsatzes modernder immunsuppressiver Medikamente ist die schwere akute Transplantatabstoßung aber selten geworden", sagt Holzer. So liege die Ein-Jahres-Funktion nach Lebendspende bei nahezu hundert Prozent und nach Leichennierenspende bei 90 - 95 Prozent. Das Zehn-Jahre-Transplantat-Überleben liegt bei 80 Prozent. In etwa der Hälfte aller Fälle treten normalerweise ein bis zwei Abstoßungsreaktionen auf. Sie können jedoch meist erfolgreich behandelt werden. "Neuerungen stellen vor allem gezielte Antikörperbehandlungen gegen Abstoßungszellen dar", so der Mediziner.

"Mehr Lebendspenden"

Derzeit stammen in Österreich fünf bis zehn Prozent der Nieren von Lebendspendern. Angesichts der Wartezeiten auf ein Organ und der doch meist erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Kranken, wünscht sich Holzer noch mehr Lebendspenden. "Patienten mit Nierenversagen kann so eine gute Lebensqualität ohne Hämodialyse ermöglicht werden - allerdings nicht ohne sorgfältige Selektion und Vorbereitung von Spender und Empfänger". Trotz der durch die Widerspruchsregelung relativ guten Situation in Österreich: Immer wieder sterben Menschen auf der Warteliste. (Marietta Türk, derStandard.at, 2.4.2009)