Dornbirn - Was Demokratie ist, bestimmt in absolut regierten Gemeinden oft der Bürgermeister. Wie zurzeit in Dornbirn. Dort bot man Dienstagabend den Besuchern der Stadtvertretung ein eigenartiges Schauspiel: Zwei Stunden lang wurde über einen Tagesordnungspunkt diskutiert, der gar nicht auf der Tagesordnung stand. VP-Bürgermeister Wolfgang Rümmele weigerte sich, einen Drei-Parteienantrag, mit dem Sozialdemokraten, Grüne und Freiheitliche eine Evaluierung der beiden Dornbirner Pflegeheime erreichen wollten, auf die Tagesordnung zu nehmen. „Ein unglaublicher Affront" für SP-Chef Gebhard Greber. 

In zwei Jahren kündigte die Hälfte der Belegschaft

Debatten über die personelle Situation an den beiden Heimen - in zwei Jahren kündigte die Hälfte der Belegschaft - seien in der öffentlicher Sitzung nicht zulässig, argumentierte Rümmele. Diskutiert wurde trotzdem.

Denn der Bürgermeister, zuständig für das Ressort Gesundheit, wollte die Gelegenheit nicht ungenützt lassen, Medien und Besucher davon zu überzeugen, dass „an unseren Heimen kein Pflegemissstand herrscht". Rümmele, der frühere Gymnasiallehrer, an die Opposition: „Ich will von euch hören, dass niemand das Wort Pflegemissstand verwendet hat." Verdattert bis empört reagierten die Fraktionsobleute auf die Abfrage, stellten dann klar, dass nicht die Pflege, sondern Unternehmenskultur,Betriebsklima und Strukturen der Heime kritisiert werden. SP-Stadträtin Gabi Sprickler-Falschlunger: „Die Pflegekräfte machen trotz miserabler Führung gute Arbeit."

Personalangelegenheiten


Bereits vor zwei Jahren hätten sich 25 Pflegekräfte vor ihrer Kündigung mit einem Brief an Rümmele gewandt, der habe weder Stadtrat noch Stadtvertretung informiert, warf Sprickler dem Bürgermeister vor. Für Personalangelegenheiten sei einzig der Bürgermeister verantwortlich, konterte dieser. Er verhandle mit der Personalvertretung über neue Rahmenbedingungen. Evaluierung werde es keine geben, eingeleitet werden sollten aber Teambildungsprozesse, sagte Rümmele.

Nach zwei Stunden Debatte ließ Rümmele doch über den Zusatz zur Tagesordnung abstimmen.Die VP-Mehrheit lehnte ab. Da schauten nicht nur die Zuhörer ratlos. (Jutta Berger, DER STANDARD Printausgabe 2.4.2009)