Detroit/Rüsselsheim/Turin - Rick Wagoner kann sich nach seinem unrühmlichen Abgang als General-Motors-Chef über Pensionsansprüche in Höhe von rund 20 Millionen Dollar freuen, berichten US-Medien. Die Tatsache, dass GM seit dem Jahr 2004 keine Gewinne mehr macht, sondern insgesamt rund 80 Milliarden Dollar versenkt hat, dürfte auf die Bonifikationen keinen Einfluss haben.

Wagoner war 32 Jahre lang bei GM, seit 2000 CEO des vormals größten Autoherstellers der Welt. Er hat wie berichtet am Montag seinen Rücktritt eingereicht, als die von US-Präsident eingesetzte Auto Taskforce ihm beschied, dass er in der vom Staat subventionierten Restrukturierung des Unternehmens keine Rolle mehr spielen sollte. Wagoners Nachfolger wird wie berichtet Finanzvorstand Fritz Henderson. Er hat laut einer Entscheidung von US-Präsident Barack Obama nun noch 60 Tage Zeit, um "einen besseren Geschäftsplan" vorzulegen als jenen, den die Taskforce am Montag abgelehnt hatte.

Applaus für Merkel bei Opel

Warmer Applaus und zum Schluss sogar Standing Ovations: So wurde die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Dienstag von 3000 Opel-Mitarbeitern in Rüsselsheim empfangen - und das, obwohl sie keine konkreten Hilfszusagen mitbrachte, sondern Mut zu machen versuchte. "Wir werden hart verhandeln, wir brauchen General Motors, aber General Motors braucht auch Opel" , sagte Merkel zur Belegschaft der GM-Tochter.

Sie stellte erneut Bürgschaften des Staates in Aussicht, aber keinen direkten Einstieg beim Autobauer. Den fordert SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Dazu jedoch meint Merkel: "Bei aller Liebe, was der Staat kann, der tollste und beste Unternehmer war er noch nicht."
Die 60-Tage-Frist verschafft auch der deutschen Regierung eine Verschnaufpause. Sie hofft, dass sich in den kommenden Wochen ein Investor findet, mit dessen Hilfe man Opel aus dem Mutterkonzern GM herauslösen könnte. Laut Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gibt es auch ernsthafte Interessenten - welche, sagt er nicht.

Einen Seitenhieb auf ihren Vorgänger im Kanzleramt, Gerhard Schröder (SPD), wollte sich Merkel nicht verkneifen. Hilfen für Opel müsse man deshalb so genau prüfen, weil sie nicht wie damals bei Holzmann ein "kleines Leuchtfeuer ohne Substanz" erleben wolle. Der Baukonzern war 2000 mit Staatshilfe gerettet worden, machte aber zwei Jahre später endgültig pleite.

Auch bei Chrysler erhöht die US-Regierung derzeit den Druck: Laut Wall Street Journal soll Mehrheitseigentümer Cerberus (in Österreich Eigentümer von Bawag PSK) hinausgedrängt werden, damit Fiat die Mehrheit übernehmen kann. Aus dem Umfeld von Obama sei zu hören, dass man die 80-Prozent-Beteiligung von Cerberus als nicht mehr werthaltig ansehe. Der Investor soll auch schon Einlenken signalisiert haben, heißt es in dem Bericht. Nur bei Chrysler Financial wolle Cerberus nach wie vor engagiert bleiben.

"Turiner Provinz" 

Sechs Milliarden US-Dollar will Washington dem maroden Autobauer zukommen lassen, sollte das Abkommen mit dem Turiner Fiat-Konzern innerhalb des Monats April unterzeichnet werden. Fiat Chef Sergio Marchionne befindet sich auf dem Flug in die Staaten, um die Einigung mit Detroit zu konkretisieren. Der Vertrag sieht vorerst einmal einen 35-Prozent-Einstieg von Fiat bei Chrysler vor. Die Alternative zur Einigung mit Fiat sei die Insolvenz von Chrysler. "Detroit wird zur Turiner Provinz", schreibt La Repubblica. Chrysler soll mit einer europäischen Kur saniert werden: kleinere, verbrauchsarme Autos und steuerliche Anreize hierfür.

Für den Notfall plane die Regierung eine Aufspaltung der Konzerne in einem geordneten Insolvenzverfahren in "gute" und "schlechte" Unternehmensteile, berichtet das Wall Street Journal weiter. (bau, szem, tkb, DER STANDARD, Printausgabe, 1.4.2009)