Jerusalem - Wegen Mangels an Beweisen wollen die israelischen Streitkräfte zwei Fälle möglicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen nicht weiter verfolgen. Die Soldaten, die über die vermeintlichen Vorfälle berichtet hätten, seien keine Augenzeugen gewesen, sondern hätten sich auf die vagen Schilderungen Dritter verlassen, erklärte der militärische Chefankläger, Brigadegeneral Avitshai Mendelblit, am Montag in Jerusalem. Damit hätten sie fahrlässig dem Ansehen Israels und seiner Streitkräfte geschadet.

Bei den beiden Fällen geht es zum einen um Berichte, wonach ein Soldat während der Gaza-Offensive zu Jahresbeginn eine ältere Frau von einem Hausdach aus gezielt erschossen haben soll. Im zweiten Fall sollen eine Mutter und ihre beiden Kinder erschossen worden sein, nur weil sie sich in ein Sperrgebiet verirrt hätten. Es lasse sich nicht feststellen, was sich tatsächlich zugetragen habe, erklärte Mendelblit. Deshalb würden die Ermittlungen eingestellt. In anderen Fällen gingen die Ermittlungen aber weiter. Einzelheiten hierzu wurden nicht bekanntgegeben.

Berichte über Grausamkeiten

Während des Gaza-Kriegs wurden rund 1.300 Palästinenser getötet, darunter nach palästinensischen Angaben mehr als 900 Zivilisten. Auch 13 Israelis kamen ums Leben. Mehrere israelische Soldaten haben seitdem über unnötige Grausamkeiten seitens der Streitkräfte sowie über mutwillige Verwüstungen von palästinensischen Wohnhäusern berichtet.

Die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch kam nach eigenen Angaben bisher zu dem Ergebnis, dass in sechs bestätigten Fällen zehn palästinensische Zivilpersonen auf der Flucht aus der Kampfzone erschossen worden seien. Weitere Vorwürfe dieser Art würden noch überprüft.

Die Nachrichtenagentur AP ist in der vergangenen Woche dem Fall einer 33-jährigen Mutter nachgegangen, die mit ihren Kindern und einigen Bekannten auf der Flucht unter Beschuss gekommen sein soll. Dabei wurden ihre zweijährige Tochter und eine 27-jährige Nachbarin getötet. Die Schilderungen der 33-Jährigen wurden von zwei Krankenhäusern und einem weiteren Zeugen bestätigt. Die Streitkräfte haben sich bisher nicht dazu geäußert. (APA/AP)