"Die Kirche glaubt, es sich leisten zu können, alle Menschen, die eine erfüllte Beziehung mit einer Frau haben, wegschicken zu können. Welche bleiben dann über?", provozierte Journalistin Sibylle Hamann die Sonntagsrunde von "Im Zentrum". Was den Schönheitsfehler hatte, dass in der Runde liberaler Kirchenbeobachter kaum jemand zu provozieren war.

Pfarrer Helmut Prader aus Neuhofen in Niederösterreich blieb als einziger Vertreter des Klerus in Amtstracht übrig, um die Last kirchlicher Dogmen und Werte auf seinen Schultern zu tragen. Kein Bischof hatte sich herabgelassen, der öffentlichen Diskussion über Kondome und Aids, Zölibat und Heuchelei beizuwohnen, wie Moderatorin Ingrid Thurnher andeutete.

Die unausbalancierte Runde hatte nicht nur enttäuschte Blicke Praders zur Folge: Sprach jemand von Heuchelei in der Kirche, folgte ein blitzartiger Paparazzo-Zoom auf des Pfarrers Gesicht. Beinahe frech war, was ihm Thurnher am Ende zum Thema Zölibat mitgab: "Von Ihnen wird er vielleicht eingehalten, wir können gern in zehn Jahren noch einmal darüber reden ..." Oder, nochmal Hamann: Kirchenleute starrten "so obsessiv und permanent auf die Sexualität, dass man vermutet, das ist so, weil sie selbst keine haben."

Einer anklagenden Öffentlichkeit sollte die Elite der Kirchendiktatur gegenübersitzen und rechtfertigen, warum sie für richtig hält, was viele aufregt.  (Alois Pumhösel, DER STANDARD; Printausgabe, 31.3.2009)