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Medientiere unter sich: Obama besuchte als Präsidentschaftskandidat Sarkozy in Paris.

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Festzustellen, dass George W. Bush und Jacques Chirac nicht miteinander konnten, wäre noch eine Beschönigung. Nun soll die historisch komplexe französisch-amerikanische Beziehung aber wieder ins Lot kommen: Barack Obama und Nicolas Sarkozy werden am Freitag die Rückkehr Frankreichs in den US-dominierten Atlantikpakt zelebrieren.

Der 47-jährige Amerikaner und der 54-jährige Franzose verkörpern auf der Weltbühne jene neue Generation von Politikern, die voll auf Fernsehen und Internet setzen, dort mit erhobenem Zeigfinger Moral predigen, aber auch sehr pragmatisch handeln können. Obama und Sarkozy gehören nicht dem gleichen politischen Lager an; doch erstens trennte ein „rechter" Franzose und ein „linker" US-Demokrat ideologisch noch nie sehr viel; und zudem fordert Sarkozy bei den Beratungen der G-20-Staaten mehr als Obama eine internationale Regulierung.

Der französische Medienzampano wird beim Nato-Gipfel einen prominenten Platz am runden Tisch einnehmen, solange die TV-Kameras im Saal sind, und danach wieder seinen vom Alphabet zugewiesenen Sessel aufsuchen. Die Amerikaner, ohne die in Nato-Belangen nichts läuft, hatten gegen dieses Protokoll-Novum nichts einzuwenden - sie planen ja auch jede Minute der Europa-Tournee bis ins letzte Detail.

Obama und Sarkozy verstehen sich diesbezüglich. Vor knapp einem Jahr, als der damalige US-Kandidat Paris besucht hatte, nannte ihn der bereits gekürte französische Präsidenten einen „Kumpel". Bald danach fiel allerdings ein erster Schatten auf die Beziehung der beiden scheinbar so ähnlichen Politiker: Sarkozy setzte auf die Gratulation zu Obamas Wahl eine handschriftliche Anrede - schrieb aber den Vornamen falsch als „Barak". Peinlich, peinlich.

Die Pariser Zeitung Libération spottete über das „Drama der Eifersucht", da Sarkozy von Obama nun plötzlich aus den internationalen Schlagzeilen verdrängt werde. Der kleine Franzose stehe dem großen Amerikaner mit einer „Mischung aus Faszination und Neid" gegenüber, berichten Élysée-Journalisten. Sarkozy, der seine Gefühle nie lange zu verhehlen weiß, sinnierte kürzlich selbst vor Besuchern, es gebe auf der Weltbühne Platz für „zwei, drei oder vier Obamas".

Zu seinem Ärger lud ihn der US-Präsident aber bis jetzt nicht nach Washington ein. „Obama hat Sarkozy nicht zu seinem privilegierten Partner gemacht", schrieb am Sonntag ein Pariser Blatt. Dafür sandte der Amerikaner sonderbarerweise an Chirac einen herzlichen Brief, was im Élysée fast als Desavouierung empfunden wurde. Sarkozy unternahm alles, um Obama diese Woche zu einem Besuch der alliierten Landungsstrände im Zweiten Weltkrieg in der Normandie zu überreden. Der US-Präsident vertagte die Einladung aber auf später und wird Sarkozy vor dem Nato-Gipfel in Straßburg nur kurz unter vier Augen treffen.

So sehr der französische Staatschef Washington - nicht zuletzt mit seinem Nato-Kurs - zu umgarnen sucht: Sein „Kumpel" im Weißen Haus hält Distanz zu dem quirligen Franzosen. Denn bei allen Gemeinsamkeiten politischer Kommunikation trennt die beiden persönlich viel: coole Eleganz beim Amerikaner, Hyperaktivität und Hang zu Prestige beim Franzosen. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD Printausgabe, 30.3.2009)