Bis zuletzt war Benjamin Netanyahu noch damit beschäftigt, die kleinen Reste vom Ämterkuchen halbwegs gerecht auf die großteils enttäuschten Getreuen in der eigenen Partei aufzuteilen - spät nachts sollte aber nach Parlamentsdebatte und Vertrauensvotum auf jeden Fall jene rechtslastige Regierung angelobt werden, die der 59-jährige Likud-Chef binnen nicht ganz sechs Wochen zusammengezimmert hatte. Netanyahus Hoffnungen auf eine große Koalition mit der Zentrumspartei Kadima, die bei den Wahlen am 10. Februar mandatsstärkste Fraktion geworden war, waren längst zerronnen.

Kadima-Chefin Zipi Livni räumt jetzt das Außenministerium und verkündete kämpferisch "die Bildung einer großen Opposition, angeführt von der größten Partei" . Um zur Angelobung zurück zu sein, kürzte Israels Präsident Shimon Peres seinen Besuch in Tschechien ab, wo er Israels neue Regierung als durchaus friedenswillig verteidigt hatte. Vom tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg soll Peres gehört haben, dass die neue Regierung bei der EU "wenig Begeisterung" auslöse.

Dass nun ausgerechnet der für seine forschen Sprüche gegen Araber bekannte Rechtspopulist Avigdor Lieberman der international angesehenen Livni als Außenminister folgt, löste auch in Israel Kopfschütteln aus. Doch weil Liebermans "Israel Beitenu" zweitstärkste Partei in der Koalition ist, musste Netanyahu dem bulligen Ex-Moldawier eines der Spitzenressorts überlassen. Als eine Art Ausgleich ist es Netanyahu immerhin gelungen, die Arbeiterpartei in die Koalition zu locken. Deren Chef Ehud Barak wird auch in der neuen Regierung als Verteidigungsminister fungieren. Doch die Sozialdemokraten sind wegen des Regierungseintritts derart zerrissen, dass bei Abstimmungen vielleicht nicht alle ihre 13 Mandatare die Koalition mittragen werden.

In der als "aufgebläht" kritisierten Regierung mit ihren mindestens 36 Ministern und Vizeministern waren noch die religiöse "Schass" -Partei und eine kleine national-religiöse Fraktion fix mit dabei. An einer zusätzlichen Verbreiterung nach rechts wollte Netanyahu weiterarbeiten. Als überraschendste Ernennung galt jene von Juval Steinitz zum Finanzminister.

Der promovierte Philosoph gilt als Experte für Nahost- und Sicherheitsfragen. Es heißt, dass über Steinitz als "Marionette" Netanyahu selbst die Wirtschaft lenken will. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 1.4.2009)