Santiago de Chile - Die Spitzen mehrerer Mitte-Links-Regierungen aus Europa und Lateinamerika wollen bei einem Gipfel in Chile gemeinsame Antworten auf die Weltwirtschaftskrise suchen. Als erster Teilnehmer des regelmäßig stattfindenden Forums "Progressive Regierungsführung" traf am Freitag der demokratische US- Vizepräsident Joseph Biden in Chile ein. Dort wurden im Laufe des Tages und am Samstag sieben Staats- und Regierungschefs erwartet.

Die chilenische Staatspräsidentin Michelle Bachelet forderte vor dem Treffen einen "neuen globalen Sozialvertrag" ein: "Die Krise kann dazu dienen, den Grundstein zu legen für die zweite Etappe der Globalisierung."

An dem Treffen, das 2000 erstmals in Berlin ausgerichtet wurde, nehmen unter anderen der britische Premier Gordon Brown, Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, Spaniens Ministerpräsident Jose Luis Rodríguez Zapatero und Argentiniens Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner teil. Nur wenige Tage vor dem Gipfel der 20 wichtigsten Industriestaaten (G-20) am 2. April in London wollen sie am Samstag im chilenischen Pazifik-Urlaubsort Vina del Mar unter anderem über eine effizientere Regulierung der Finanzsysteme, neue Prioritäten für Weltbank und Währungsfonds sowie über Wege zur Arbeitsplatzsicherung diskutieren.

"Die Krise gibt uns ... die historische Möglichkeit, die Politik und die Bevölkerung wieder ins Zentrum der internationalen Aufgaben zu stellen", schrieb Bachelet in der spanischen Zeitung "El Pais" . Der britische Premier Brown war vor seinem Besuch in Chile in Brasilien, wo er für den G8-Gipfel die Schaffung eines 100-Milliarden-Dollar-Kreditfonds anregte, um den Finanzierungsspielraum für Unternehmen zu vergrößern. Brasiliens Präsident Lula hatte bei der Gelegenheit den Industrieländern die Schuld an der Krise gegeben: "Diese Krise wurde gemacht von weißen Menschen mit blauen Augen, die vor der Krise alles wussten und jetzt nichts mehr wissen."

Auch Obamas Vize Joe Biden hat sich für ein neues Kapitel in den Beziehungen zu Lateinamerika ausgesprochen. Angesichts der "schwersten Wirtschaftskrise seit Generationen" plädierte Biden in einem am Freitag in elf lateinamerikanischen Zeitungen veröffentlichten Beitrag für "partnerschaftliche Zusammenarbeit", um "den Bürgern Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben".

Der Gipfel der "Progressiven" wird in diesem Jahr erstmals in Lateinamerika ausgerichtet. Ziel des 1999 vom demokratischen US-Präsidenten Bill Clinton initiierten Forums ist es, eine klar unterscheidbare Politik zu konservativen Regierungen zu definieren. (APA/dpa)