Krumpendorf/Graz/Wien - Die angeschlagene Kärntner Beteiligungsgesellschaft AvW will wieder beim Land Kärnten um Hilfe anklopfen. "Es wird wieder Gespräche geben, inwieweit sich das Land vorstellen kann, sich bei uns einzukaufen", kündigte der neue Vorstand der AvW Gruppe und der AvW Invest, Arnulf Komposch, gegenüber der APA an. AvW-Chef Wolfgang Auer von Welsbach indes sieht sich immer noch als Opfer der "kriminellen Machinationen" seines Ex-Prokuristen K. und der Capital Bank, dem Brokerhaus RRS sowie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Die Capital Bank wehrte sich gegen die Vorwürfe am Freitagnachmittag und will den AvW-Chef persönlich klagen.

Schon am 10. Oktober 2008 hatte die AvW mit dem mittlerweile verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider über eine Beteiligung des Landes gesprochen. Wenig später verunglückte Haider jedoch tödlich - "und dann war die Landtagswahl", so Komposch.

Auer von Welsbachs hat jetzt nach eigenen Angaben "hauptsächlich eine Bank, gegen die wir vorgehen: die Capital Bank". Das zur Grazer-Wechselseitigen-Gruppe (GraWe) gehörenden Geldhaus habe offene Margin Call (Nachschussverpflichtungen) nicht angegeben und millionenschwere Aktien-Transkationen mitdurchgeführt. Der AvW-Chef sprach auch von einem "Dreiecksspiel" zwischen der Capital Bank, dem Brokerhaus RRS und der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). "Wir müssen das jetzt alles zuordnen und das fehlende Geld finden", so der Vorstandsvorsitzende. Dafür habe man einen Gutachter beauftragt.

Die Capital Bank hat heute einmal mehr "aufs Entschiedenste" zurückgewiesen dass Bank-Mitarbeiter "in 'kriminelle Machinationen' betreffend AvW-Gesellschaften involviert wären". "Aufgrund dieser Aussagen - insbesondere dieser völlig grundlosen Behauptungen und Vorwürfe" - habe das Grazer Geldhaus seine Anwälte beauftragt, "sämtliche gerichtliche Schritte gegen die Organe der involvierten Gesellschaften zu ergreifen". Eine Klage gegen Auer von Welsbach persönlich sei in Vorbereitung und soll nächste Woche eingebracht werden. In einer Aussendung hielt die Capital Bank außerdem fest, dass sie lediglich eine von mehreren Bankverbindungen der AvW-Firmen gewesen sei, jedoch nie in die Ausgabe und den Verkauf von Genussscheinen oder Aktien eingebunden gewesen sei. Sämtliche von den AvW-Gesellschaften beauftragten Geschäfte seien ordnungsgemäß abgewickelt worden. "Jeder Geschäftsfall führte zu einem Kontoauszug, der per Post an die Gesellschaften übermittelt wurde." Mehr Details dürfe man aufgrund des Bankgeheimnisses nicht nennen.

Derivativgeschäfte

Die Bank wies außerdem auf die mehrfachen AvW-Aussendungen über die hohen Erträge aus dem Derivativgeschäft hin. Diese Geschäfte "führten in dem hinreichend bekannten negativen Marktumfeld zu gravierenden Verlusten", mit denen sich sicherlich der vom Gericht bestellte Sachverständige beschäftigen werde.

Dass der Liquiditätsengpass durch schlagend werdende Margin Calls oder durch den vermehrten Rückkaufwunsch von Genusschein-Inhabern entstanden sein könnte, dementierte Auer von Welsbach im APA-Interview erneut. "Wir haben im September mehr ausgezahlt, und im Oktober hätten wir wahrscheinlich noch mehr auszahlen müssen", räumte der AvW-Boss aber ein. Deswegen hätte die AvW ihr RHI-Aktienpaket verkaufen wollen.

Auf die APA-Frage, ob sowohl das Depot der AvW Gruppe als auch das der AvW Invest bei der Capital Bank verpfändet sei, sagte Auer von Welsbach: "So ist es. Gegen das kämpfen wir." Die Capital Bank wiederum kann das nicht verstehen. Die AvW-Invest-Vorstände Wolfgang Auer von Welsbach und dessen Frau Maria hätten die Wertpapiere am Depot der AvW Invest AG auch zu Gunsten von Forderungen der AvW Gruppe verpfändet. Die von der AvW Invest deswegen eingebrachte Klage "geht ins Leere". Ein gleichzeitig eingebrachter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Capital Bank, den Verkauf der Papiere auf dem AvW-Invest-Depot zu verbieten, sei bereits vom Erstgericht abgewiesen worden.

"Pudels Kern"

Das fehlende Geld vermuten die AvW-Vorstände unter anderem bei der RRS. "Des Pudels Kern" sei aber ein angebliches Konto von K. und dessen Bruder L., Ex-Bankenrevisionsleiter in der Nationalbank (OeNB), so Komposch. In einer früheren AvW-Sachverhaltsdarstellung gegen K. und L. war von einem Millionenkonto bei der Schweizer Societe Generale und einer Firma namens "Global Investment Services", die K. und L. geführt haben sollen, die Rede gewesen. Aus den dazugehörigen Unterlagen, die im Oktober im Rahmen von Ermittlungen aufgetaucht waren, ging dem Vernehmen nach aber nicht hervor, dass dieses Konto tatsächlich existiert. Lediglich Planungsunterlagen und der Entwurf einer testamentarischen Erklärung das Konto betreffend sollen damals gefunden worden sein. Komposch vermutet: "Das Konto in der Schweiz wird es sein, wo ein Teil des Geldes gelandet ist." Ein Rechtshilfeansuchen sei jedenfalls schon draußen, so der AvW-Chef.

Der damals ebenfalls aufgetauchte geheime Prüfbericht über die M&A Privatbank sei nicht in der Wohnung von K. gefunden worden, sondern "in einem gelben Kuvert hier in seinem Büroschreibtisch", sagte Auer von Welsbach. "Wir haben sie gefunden und der FMA (Finanzmarktaufsicht, Anm.) sofort übergeben". Die FMA bestätigte am Freitag: "Wir haben die Unterlagen sofort geprüft und unverzüglich an die Nationalbank und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet."

Zu dem M&A-Prüfbericht hatte es in der Vergangenheit widersprüchliche Angaben gegeben. Laut einer AvW-Anzeige gegen K. und L. sind die M&A-Berichte auf K.s Computer gefunden worden. Gerüchteweise soll Auer von Welsbach den Behörden an Ort und Stelle Unterlagen in die Hand gedrückt haben und behauptet haben, die Daten seien von einer Festplatte rekonstruiert worden. Früheren OeNB-Angaben zufolge hat L. wiederum zugegeben, Unterlagen mit sensiblen Daten in der Kärntner Wohnung von K. zurückgelassen zu haben. Ob es sich dabei um Akten aus Papier oder elektronische Dokumente handelt, war damals nicht gesagt worden. L. soll dem Vernehmen nach auch angegeben haben, er habe seinen Bruder per Mail gebeten, die Akten zu vernichten. Dies soll sich aber dann nicht mehr ausgegangen sein, weil für K. die Handschellen klickten - er wurde im Dezember wieder aus der U-Haft entlassen. Daraus dürfte das Gerücht entstanden sein, dass sich jemand Zutritt zu K.s Wohnung - angeblich eine AvW-Dienstwohnung - verschafft hat. Auer von Welsbach wies das zurück: "Den Wohnungsschlüssel haben wir nicht."

"Es ist offensichtlich Taktik der Organe der AvW-Gesellschaften, insbesondere von Herrn Dr. Auer von Welsbach, ständig neue 'Schuldige' für die in seinen Gesellschaften aufgetretenen Probleme zu suchen und von seinen eigenen Versäumnissen und Fehlern abzulenken", so die Capital Bank. Diese Taktik ist in den Augen der Bank kontraproduktiv. Die Capital Bank sei nun gezwungen, "alle ihre zustehenden gesetzlichen und vertraglichen Rechte in Anspruch zu nehmen". (APA)