Bild nicht mehr verfügbar.

Die Waffen eines Jurors: Kopfbandlupe, jede Menge Erfahrung und Know-how.

Foto: APA

Sie ist stets die erste vor Ort und hat ausnahmslos das letzte Wort: die Jury. Auf ihr Urteil vertrauen alle Veranstalter von wichtigen Leistungspräsentationen des Kunst-handels, weltweit.

Der Expertencheck hat in der Praxis nur selten mit dem Thema Fälschung zu tun. Hauptsächlich geht es dabei um die Sicherung eines bestimmten Qualitätslevels, repräsentiert von jedem einzelnen Teilnehmer, mit jedem einzelnen zum Verkauf angebotenen Kunstwerk. Mit anderen Worten handelt es sich um eine selbstverordnete Maßnahme der Bereinigung, auch im Interesse der Besucher und potenziellen Käufer.

Zuallererst stehen die Aussteller zusammen mit ihrem avisierten Programm auf dem Prüfstand, und ein Beirat entscheidet über deren Teilnahme. Im Vorfeld der Art Basel (10.-14. Juni) hatte sich heuer mit 1100 eine Rekordzahl von Galerien beworben, von denen tatsächlich nur 300 teilnehmen. "Je wichtiger die Messe ist, desto anspruchsvoller kann sie in ihrer Auswahl sein", charakterisiert Ernst Hilger.

"Je stärker sie von Teilnehmern abhängig ist, desto eher wird sie zum Spielball lokaler Interessen" , so sein Nachsatz. Bisweilen fällt man dennoch durch die finale Prüfung, selbst in Basel. Dann muss der Galerist im Anschluss an den Lokalaugenschein der Jury und damit wenige Stunden vor der lukrativen Preview seine Ware wieder einpacken. Ein Tadel mit Konsequenzen: Verbannung auf die Warteliste, den Termin im Folgejahr braucht man gar nicht erst zu notieren. Selbst wenn den Herrschaften bloß die Form der Präsentation nicht gefiel.

Subjektivität? Keine Frage, sie spielt - sorgsam hinter Argumenten versteckt - eine Rolle. Trotz detaillierter und offizieller Richtlinien. Der Ermessenspielraum bleibt letztlich variabel, Messewürdigkeit lautet das schlagende Kriterium. Ob in New York oder in Wien und Salzburg, ja auch in Maastricht. Dort durchkämmt ein Team von 155 Experten eineinhalb Tage lang die Kojen der Aussteller, die selbst dezidiert nicht anwesend sein dürfen. 

Ausjuriertes wird in einem Lager verwahrt, erst zum Ende der Messe werden die Exponate den Ausstellern retourniert. Wie viele Kunstwerke hier jährlich der Jury zum Opfer fallen, erfährt die Öffentlichkeit nicht. Maximal vier Bilder, beziffert Gerbert Frodl, seit 1995 im Dienst der TEFAF, den durchschnittlichen Jahresausschuss in der Kategorie 19. Jahrhundert. Unkorrekte Zuschreibungen, der schlechte Erhaltungszustand oder Überrestaurierungen seien die gängigen Fallstricke. Irgendwann erwischt es jeden, bestätigt Thomas Salis ebenso wie durchaus übliche Zitterpartien seitens der Händler. Im Bereich klassischer Moderne können - trotz einwandfreier Provenienz - fehlende Expertisen von Künstler-Fondationen zum Zünglein an der Waage werden. Der Einspruch nutzt selten, die Chance auf einen Recall ist gering. Wie oft ein Konkurrent die Hand im Spiel hat? Solche Mutmaßungen wischt Herbert Giese als zu fadenscheinig vom Tisch.

Im Gegenteil, nichts sei peinlicher, so der Kunsthändler und Juror, als in dieser Funktion einem Mitbewerber ein Kunstwerk auszujurieren. Fälschungen, so versichert er, seien im Messeumfeld selten. Passieren könnte es allenfalls durch Unwissenheit, kompensiert wird das über die Fachmeinung der Jury. Gesichert ist, dass Kunsthändler solche schneller erkennen als Museumskuratoren. Ein Vorteil, den man in Österreich nutzt, in dem man aus dem Teilnehmerfeld eine Messejury formiert.

Nach außen hin wirkt es, als ob die eigene Ware geprüft würde. Hinter den Kulissen trifft aber ohnedies nie ein Einzelner die Entscheidung, sondern das Team. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 28./29.03.2009)