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Ein mehrere Millimeter dicker Karton, naturfarben, schützt Vorder- und Rückseite des Buches, ein Strichcode ziert dessen Rücken. Auf ersten flüchtigen Blick könnte man es für einen Notizblock in einem Werkzeugschuppen halten - wäre da nicht diese irritierende, Nacktheit und Begierde andeutende Tuschezeichnung eines Torsos auf dem Cover. Erotone Leibesübung steht mehr verwirrend als erklärend hochgestellt am Rand: nicht erotoman, auch Assoziationen an "isotonisch" gehen daneben.

Tone Fink, der aus Vorarlberg gebürtige Zeichner, Maler, Animationsfilmer und Performancekünstler, hat vielmehr seinen Vornamen dem bibliophilen Unternehmen aufgedruckt. Es versammelt, was Fink über mehr als drei Jahrzehnte an Erotika zu Papier gebracht hat, von verspielten Sublimierungen (selten) bis zur deftigen, direkten Lust, zum "Unkeuschen" (viel häufiger). Eros und Sexualität seien sowieso die zentrale Motivation der Kunst, wird Marcel Duchamp im Nachwort von Peter Weiermair zitiert, und Fink hält sich entsprechend an das Unverblümte, spielt mit den Formen - zeichnerisch ebenso wie in seinem Vorwort "unkeuschheitsvertreibungen".

Der Band hält noch mehr und anderes, als er außen verspricht, das war die Strategie des Gestalters Kurt Dornig aus Dornbirn. Das raffiniert ausgedachte "harte Softcover", das den Buchrücken im Regal von seinen Nachbarn trennt; ein haptisch hervorragendes Papier; elegante Typografie, die sich gegenüber der reproduzierten Kunst im Hintergrund hält - das alles hat es der Jury des österreichischen Buchhandels angetan: Erotone Leibesübung wurde in der Kategorie "Kunstbände und Fotobücher" als eines der schönsten Bücher des Jahres 2008 ausgezeichnet. Unter anderem führt Fink in ihm übrigens vor, dass auch die Kehrseite einer Zeichnung, wenn sie richtig bearbeitet wurde, einen eigenen Wert bekommt und präsentabel ist; in diesem Zusammenhang ein passendes - Weiermair würde sagen: Verlangen verlängerndes - Detail. (Michael Freund/DER STANDARD, Printausgabe, 28./29. 3. 2009)