Paris - Die französische Justizministerin und Kandidatin der konservativen Regierungspartei UMP für die Europawahl, Rachida Dati, hat nach Angaben der Pariser Tageszeitung "Liberation" 1994 in den Rängen der Sozialistischen Partei Frankreichs (PS) für ein Mandat in Straßburg kandidiert. Die Information wurde von den Sozialisten bestätigt, allerdings präzisierte die Partei, dass Dati vor der Wahl ihre Kandidatur wieder zurückgezogen habe.

Nach den Angaben erhielt die Ministerin, die aufgrund ihrer nordafrikanischen Abstammung zu einer Symbolfigur in der Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy (UMP) wurde, 1994 in einer Basisabstimmung der PS-Mitglieder die nötigen Stimmen für eine Kandidatur. Die nunmehr 43-Jährige habe dann aber auf die Kandidatur verzichtet, weil sie mit dem Listenplatz nicht zufrieden gewesen sei, sagte Francois Lamy, ein enger Mitarbeiter der neuen Sozialistenchefin Martine Aubry.

54. Stelle

Nach den Angaben von "Liberation" befand sich Rachida Dati auf der sozialistischen Kandidatenliste, die vom Ex-Premier und damaligen Sozialistenchef Michel Rocard angeführt wurde, an 54. Stelle. Rachida Dati wollte am Donnerstag zu den Informationen nicht Stellung nehmen. Vonseiten der konservativen Regierungspartei "Union für eine Volksbewegung", der Dati mittlerweile angehört, hieß es, dass man nichts von der Angelegenheit wisse. Sollte die Information wahr sein, so würde dies allerdings kein Problem darstellen, so die UMP.

Die Justizministerin befindet sich bei der Europawahl vom kommenden Juni an zweiter Stelle der UMP-Wahlliste für den Pariser Großraum hinter Agrarminister und Ex-EU-Kommissar Michel Barnier. Sie wird die Regierung voraussichtlich im Juni anlässlich der Europawahl verlassen. Zu einer Kandidatur für das Straßburger Parlament hatte sich die Ministerin erst nach langem Zögern auf Betreiben Sarkozys bereiterklärt. Im Vorjahr hatte sie bei den Kommunalwahlen bereits das Amt des Bezirksbürgermeisters im noblen 16. Pariser Bezirk erobert. Bisher hatte sie aber noch nie ein nationales Wahlmandat inne.

Nach der Wahl von Staatschef Nicolas Sarkozy 2007 hatte Rachida Dati zunächst zu den Stars der neuen konservativen Regierung gehört. Erstmals wurde mit ihr eine Vertreterin aus einer nordafrikanischen Einwandererfamilie mit einem großen Ministerium betraut. Dati büßte ihre Beliebtheit aber nach heftigem Widerstand gegen ihre Reformen im Justizsystem und wegen ihres angeblich autoritären Amtsstils ein. Für Aufsehen sorgte sie Anfang Jänner, als sie bereits fünf Tage nach der Geburt ihrer Tochter wieder zum Dienst antrat. Ganz Frankreich rätselt, wer der Vater des Kindes ist. (APA)