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Durch das Verbot der Batasuna-Partei verschwindet die politische Rechtfertigung des gewaltsamen Erzwingens der baskischen Unabhängigkeit aus dem Alltag und damit aus den Köpfen der baskischen Gesellschaft

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Arnaldo Otegi, ehemaliger Batasuna-Vorsitzende und mediales Gesicht der izquierda abertzale, sah sich genötigt, nach seiner Haftentlassung im August vergangenen Jahres erstmals wieder als Anführer der Unabhängigkeitsbewegung in der Öffentlichkeit aufzutreten und die verschiedenen separatistischen Strömungen zur Einheit aufzurufen

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Madrid/Bilbao - In der baskischen Unabhängigkeitsbewegung macht sich Nervosität breit. Bei den baskischen Regionalwahlen am 1. März wurde der so genannten "izquierda abertzale" erstmals bewusst, wie weit ihr politischer Einfluss wirklich geschwunden ist, seitdem ihre Batasuna-Partei als politisches Sprachrohr der baskischen Terrororganisation ETA im Jahre 2003 verboten wurde.

Ehemalige Parteiführer riefen die Separatisten zur Abgabe von ungültigen Stimmen auf, als kurz vor den Wahlen auch die Parteien D3M (Demokratie für 3 Millionen) und Askatasuna (Freiheit) als Batasuna-Tarnorganisationen ebenfalls für illegal erklärt und von den Wahlen ausgeschlossen wurden. Doch nur 96.889 separatistische Wähler folgten dem Aufruf der Ex-Führer. "Ein Desaster für eine Bewegung, die an ihrem Höhepunkt 1999 mit 230.000 Wählern fast 20 Prozent der baskischen Bevölkerung hinter sich wusste", sagt der Politologe Jose Manuel Mata von der baskischen Universität in Bilbao.

Wählerschwund

Batasuna und ihre Nachfolgeorganisationen verloren binnen zehn Jahren somit fast 60 Prozent ihrer Stammwähler. Der größte Wählerschwund fand in den letzten fünf Jahren statt, als die Parteien ANV (Baskische Nationalistische Aktion) und die PCTV (Kommunistische Partei des Baskenlands) immerhin noch knapp 150.000 Wählerstimmen erhielten, bevor auch sie nach den Wahlen wieder verboten wurden. Damit ist eingetreten, was Politiker und Fachleute schon seit langem vorausgesagt haben. Durch das Verbot der Batasuna-Partei verschwindet die politische Rechtfertigung des gewaltsamen Erzwingens der baskischen Unabhängigkeit aus dem Alltag und damit aus den Köpfen der baskischen Gesellschaft. Die Polizeierfolge der letzten Jahre gegen den Straßenterror ETA-naher Jugendgruppen sowie gegen die Terrororganisation selbst, bewirken den Rest. Nicht das die Gewalt verschwunden ist. Aber sie hat abgenommen.

"Der größte Feind der izquierda abertzale allerdings ist das Gefühl vieler Separatisten, dass der bisherige Weg der Gewalt anscheinend keine Zukunftsperspektiven mehr hat", interpretiert der Politologe Mata das Ergebnis der vergangenen Regionalwahlen. Nur so könne auch der enorme Stimmengewinn der linksnationalistischen Partei Aralar erklärt werden, meint Mata. Aralar konnte seine knapp 28.000 Stimmen aus dem Jahre 2004 auf über 62.000 Stimmen bei den letzten Regionalwahlen mehr als verdoppeln und stellt nun vier Abgeordnete im Regionalparlament in Vitoria. "Wir repräsentieren die neue izquierda abertzale im Baskenland", erklärte die Aralar-Spitzenkandidatin, Aintzane Ezenarro, nach dem grandiosen Wahlerfolg. Die ebenfalls nach Unabhängigkeit des Baskenlandes strebenden Linksnationalisten von Aralar spalteten sich erst 2000 von der Batasuna-Partei ab, nachdem die ETA erneut einen Waffenstillstand beendete und wieder zu morden begann. Seitdem verurteilen sie die Gewalt der Terroristen und wollen den demokratischen Weg zur Erreichung der Unabhängigkeit gehen.

Unterstützung verloren

Der Erfolg Aralars belegt, dass Batasuna und der gewalttätige Flügel der Separatisten an Einfluss verlieren und in ihrer Existenz bedroht sind. Am Montag wurden überdies 44 Politiker ihrer jüngst verbotenen Nachfolgeorganisationen sogar vor Gericht gestellt. Der Madrider Ermittlungsrichter Baltasar Garzon will sie wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und aktiver Unterstützung der ETA verurteilen. Arnaldo Otegi, der ehemalige Batasuna-Vorsitzende und das mediale Gesicht der izquierda abertzale, sah sich in dieser Situation genötigt, nach seiner Haftentlassung im August vergangenen Jahres erstmals wieder als Anführer der Unabhängigkeitsbewegung in der Öffentlichkeit aufzutreten und die verschiedenen separatistischen Strömungen zur Einheit aufzurufen.

Doch die Mobilisierung für den "harten Weg" dürfte ihm nicht so leicht fallen wie in den vorangegangenen Jahren. Die Bewegung hat vor allem auch durch die steigende Verurteilung der ETA-Gewalt durch die Bevölkerung an Unterstützung und Kraft verloren. Und die Zukunft dürfte für die izquierda abertzale noch komplizierter werden, sollten, wie abzusehen, die Sozialisten (PSE) mit Unterstützung der konservativen Volkspartei (PP) zum ersten Mal seit 30 Jahren die gemäßigten Nationalisten der PNV von der Macht vertreiben. Die zur Wiederherstellung des sozialen Friedens angekündigte "Dialogpolitik" eines sozialistischen Lehendakari, wie der baskische Ministerpräsident genannt wird, könnte die gewalttätige Unabhängigkeitsbewegung auf Dauer zusätzlich schwächen. (Von Manuel Meyer/APA)