Prag - Laut tschechischer Verfassung ist Premier Mirek Topolanek nach der verlorenen Misstrauensabstimmung verpflichtet, zum ehestmöglichen Termin Staatspräsident Vaclav Klaus die offizielle Demission des gesamten Kabinetts zu überreichen. Da er, Topolanek, am morgigen Mittwoch jedoch in Straßburg sei, werde er dies frühestens am Donnerstag machen können, bestätigte der Premier.

Danach sollte das Staatsoberhaupt einem Politiker einen neuen Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Es muss nicht unbedingt der Wahlsieger sein, auch wenn dies bisher in Tschechien Tradition war. Topolanek beharrt aber darauf, dass er immer noch der Chef der stärksten Partei im Abgeordnetenhaus ist, so dass er diesen Auftrag nach eigenen Worten nun auch erwartet. Dabei sind Klaus in diesem Prozess in der Verfassung keine Fristen vorgeschrieben. Er könnte mit dem Auftrag theoretisch auch Wochen oder Monate zögern.

Kabinett in Demission

Die bisherige Regierung kann unterdessen als Kabinett in Demission weiter amtieren. Damit rechnet auch der Chef der oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) Jiri Paroubek, der meinte, dass Topolaneks Regierung bis Ende des laufenden tschechischen EU-Vorsitzes im Amt bleiben sollte.

Sobald der beauftragte Politiker dem Staatschef mitgeteilt hat, dass er eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus gesichert hat, kann der Präsident den Premier sowie die Regierung offiziell ernennen. Innerhalb von 30 Tagen ab diesem Zeitpunkt muss sich dann das Kabinett dem Abgeordnetenhaus stellen und um das Vertrauen ersuchen.

Vorgezogene Wahlen

Gesprochen wird nun in Prag auch über vorgezogene Parlamentswahlen, die Paroubek im Herbst 2009 oder bald im Frühjahr 2010 abhalten möchte. Topolanek würde - wenn es dazu kommen sollte - Sommer 2009 bevorzugen. Die Ausschreibung von vorgezogenen Parlamentswahlen ist aber in Tschechien nicht einfach.

Der Staatspräsident kann das Abgeordnetenhaus von sich aus nicht auflösen. Dies ist erst dann möglich, wenn drei Versuche um eine Regierungsbildung an der Vertrauensabstimmung scheitern oder wenn die Parteien sich über eine Verkürzung der laufenden Legislaturperiode einigen. Dafür müsste ein Gesetz mit Verfassungsmehrheit, also mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit, verabschiedet werden. In der Geschichte Tschechiens kam es erst einmal dazu: 1997 nach dem Fall der Regierung von Klaus. Die Neuwahlen erfolgten dann 1998. (APA)